Klimaanpassung: „Die Kommunen werden den Klimawandel spüren“
Die Folgen des Klimawandels werden für die Kommunen immer deutlicher bemerkbar. Auf dem 19. DEMO-Kommunalkongress ging es deshalb auch um Hürden und Erfolge bei der Klimaanpassung. Auch die Umweltministerkonferenz hat die Dringlichkeit des Themas erkannt.
Dirk Bleicker
Auf dem 19. DEMO-Kommunalkongress kam es auch beim Fachgespräch Klimaanpassung zum Austausch zwischen Expert*innen und kommunalen Vertreter*innen.
Spätestens seit der Ahrtal-Flut 2021 wird die Anpassung an die Folgen des Klimawandels für die Kommunen zu einer immer wichtigeren Aufgabe. Insofern war es durchaus als Signal zu verstehen, dass die Umweltministerkonferenz (UMK) sich in dieser Woche in Bad Neuenahr-Ahrweiler getroffen hat. Zum Abschluss forderten die Minister*innen am Freitag, das Grundgesetz zu ändern. Damit soll es dem Bund erlaubt werden, Kommunen beim Klimaschutz, der Klimaanpassung und dem Naturschutz finanziell direkt zu unterstützen – zum Beispiel beim Bau von Regenrückhaltebecken oder einer Flussrenaturierung.
Bisher kann der Bund das nur über Förderprogramme tun. Diese sind jedoch zeitlich befristet, und wenn eine Kommune ihren Eigenanteil nicht aufbringen kann, geht sie bei der Fördermittelvergabe leer aus. „Dem Bund ist es nicht erlaubt, finanzschwache Kommunen direkt zu fördern”, heißt es in einer Pressemitteilung der UMK. Die nun vorgeschlagene Lösung heißt „Gemeinschaftsaufgabe”.
Das Grundgesetz sieht nämlich vor, dass der Bund sich an bestimmten Aufgaben finanziell beteiligen darf, für die eigentlich Länder und Kommunen zuständig sind. Für die Klimaanpassung ist eine solche Gemeinschaftsaufgabe jedoch bisher nicht im Grundgesetz verankert. Geht es nach den Umweltminister*innen der Länder, soll sich das bald ändern.
Dialog zur Klimaanpassung
Bis es soweit ist, sind die Kommunen weitestgehend auf sich alleine gestellt – und der Austausch untereinander ist umso wichtiger. Auf dem 19. DEMO-Kommunalkongress sollte dieser mit einem Fachgespräch zum Thema Klimaanpassung in den Kommunen gefördert werden.
Trockenheit, Hitze, Hochwasser – in vielen Kommunen Deutschlands seien diese Phänomene bereits regelmäßig bemerkbar, erläuterte Martin Schmied, Leiter des Fachbereichs „Umweltplanung und Nachhaltigkeitsstrategien“ beim Umweltbundesamt. Er warnte: „Sie als Kommunen werden den Klimawandel spüren, da werden Sie nicht drumherumkommen“. Denn dem wissenschaftlichen Konsens zufolge werden Extremwetterphänomene in den nächsten Jahren immer häufiger und in stärkerer Intensität auftreten. Daher gelte es nun, sich neben Klimaschutzmaßnahmen auch an die Folgen des Klimawandels anzupassen.
Umso wichtiger sei es, dass die Kommunen nun mit der Umsetzung des Klimaanpassungsgesetzes beauftragt worden seien, befand Schmied, auch wenn die Finanzierung des Gesetzes in den Kommunen noch unklar sei. In seiner Umsetzung würde das Gesetz jedoch dafür sorgen, dass Kommunen beispielsweise durch bauliche Maßnahmen wie Entsiegelung die Infrastruktur der Städte und Gemeinden gegen Extremwetter wappnen könnten.
Wendepunkt Ahrtalflut
Gegen Extremwetter wappnen wollte sich auch die Stadt Euskirchen in Nordrhein-Westfalen. Hier wurde im Frühsommer 2021 ein umfassendes Klimaanpassungskonzept durch den Kreistag verabschiedet. Dann, zwei Wochen später: Die Ahrtalflut. Euskirchen sei stark betroffen gewesen, es entstanden Schäden von einer Milliarde Euro, erzählte Landrat Markus Ramers. Seitdem sind drei Jahre vergangen. Direkt nach der Flut sei die Motivation zur Umsetzung des Klimaanpassungskonzepts hoch gewesen und der Wiederaufbau wurde gewissermaßen als „Chance“ betrachtet, so Ramers. Doch mittlerweile setze eine Art „Katastrophendemenz“ in der Bevölkerung ein. Auch weil die nötigen finanziellen und personellen Ressourcen knapp seien, komme nun immer wieder die Frage auf, ob es die Klimaanpassungsmaßnahmen wirklich brauche, berichtete der Landrat.
Auch für sie sei die Ahrtalflut ein Wendepunkt gewesen, sagte Beatrice John. Als Co-Leiterin des „Zentrum KlimaAnpassung“ berate sie Kommunen, die Klimaanpassung umsetzen wollen, erklärt sie. Seit der Flutkatastrophe seien die Hotlines des Zentrums „dauerbesetzt“, so John.
Sie merke, wie die Nachfrage an der Arbeit des Zentrums steige. Denn: Für Klimaanpassung gebe es keine allgemein anwendbare Anleitung. „Klimaanpassung findet lokal statt, bei Ihnen vor Ort, und da sind die Kontexte sehr unterschiedlich“, erklärte John – umso wichtiger sei eine individuelle Beratung.
Kommunen zwischen Geldmangel und Überforderung
Doch auch die Verteilung von Fördermitteln müsse individueller gestaltet werden, befand Beatrice John. Sie plädierte für ein strategisches Verteilen „dorthin, wo sie auch gebraucht werden“, und nicht „mit der Gießkanne“.
Allgemein müsse Klimaanpassung jedoch auch in der kommunalen Verwaltung viel stärker als Querschnittsthema betrachtet werden, sagte John. Natürlich sei das zunächst ein Mehraufwand an Arbeit, so die Zentrumsleiterin, doch wenn man Klimaanpassung konsequent in diversen Prozessen unterbringe, sei viel gewonnen.
Für die Kommunen sei das jedoch ein schwieriges Thema, erklärte Markus Ramers. Viele von ihnen seien überfordert mit der Tatsache, dass sie immer mehr Aufgaben „aufgedrückt“ bekämen, erläuterte der Landrat. Die Kommunen sollten Konzepte entwickeln, Strategiepapiere vorlegen und viele administrative Formalia beachten – Zeit oder Personal für die tatsächliche Umsetzung von alldem bleibe dabei dann oftmals auf der Strecke.