Landkreise: „Krankenhausreform ist noch immer eine Black Box“
Der Bundestag hat die Krankenhausreform beschlossen. Nun fordert der Landkreistag den Bundesrat auf, das Vorhaben in den Vermittlungsausschuss zu überweisen. Die konkreten Auswirkungen seien nach wie vor unklar.
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Blick in ein Rostocker Krankenhaus: Mit der Krankenhausreform wird die Finanzierung der Einrichtungen auf eine neue Grundlage gestellt.
Eine wichtige Hürde konnte die geplante Krankenhausreform schon nehmen: Der Bundestag hat das entsprechende Gesetz am Donnerstag nach hitziger Debatte beschlossen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erhofft sich davon viel: „Mit dieser großen Reform steigern wir, nach fast drei Jahren Vorbereitung, die Behandlungsqualität in deutschen Krankenhäusern und sorgen für den Erhalt eines flächendeckenden Netzes guter Kliniken”, kündigte er an.
Skeptischer fällt das Urteil des Deutschen Landkreistages aus. Der Verband hat erneut die Länder aufgefordert, den Gesetzentwurf im Bundesrat abzulehnen und den Vermittlungsausschuss anzurufen. Landkreistag-Präsident Achim Brötel erklärte: „Die Reform ist eine Black Box, es gibt nach wie vor keine Auswirkungsanalyse.“ Es sei unverständlich, „dass der Bundestag auf einer derart unsicheren Sachgrundlage überhaupt einen Beschluss gefasst hat.“
Auch dürften die Länder dem Gesetzentwurf im Bundesrat ohne einen auch rückwirkenden Tarif- und Inflationsausgleich nicht zustimmen: „In den letzten zwei Jahren mussten bereits 48 Kliniken Insolvenz anmelden. Weitere werden jetzt mit Sicherheit folgen. Und: Es trifft wieder einmal in erster Linie den ländlichen Raum. Das darf der Bund nicht einfach ignorieren!“ An den wesentlichen Kritikpunkten der kommunalen Ebene habe sich in den vergangenen Monaten und Jahren nichts geändert.
Sorge um den ländlichen Raum
Die Landkreise befürchten, dass kleine Kliniken im ländlichen Raum auch künftig das Nachsehen haben könnten. Es dürfe unter keinen Umständen zum Regelfall werden, dass das nächste voll ausgestattete Krankenhaus viele Kilometer weit weg ist, betonte Brötel. Gerade in dünn besiedelten Landkreisen brauche es Krankenhäuser, in denen man auch mit kleineren Beschwerden ambulant versorgt wird. „Es gibt in den ländlichen Räumen sehr leistungsfähige Häuser, die fachlich ebenso wie Kliniken in Ballungsräumen in der Lage sind, zusätzliche medizinische Leistungen zu übernehmen. Die darf man nicht schließen und Spezialbehandlungen nur noch in der Großstadt anbieten.“
Außerdem habe der Bund noch immer keine wirksamen Maßnahmen gegen die Finanznot der Krankenhäuser angeboten. Brötel erklärte: „Es geht um die Defizite, die seit 2022 aufgelaufen sind. Da hilft es wenig, wenn die Bundesregierung Hilfe lediglich für das laufende Jahr in Aussicht stellt.“
Fehler im Gesundheitssystem?
Dass viele Kliniken in eine finanzielle Schieflage geraten sind, liegt allerdings nicht nur am Bund. Auch die Länder haben die Finanzierung ihrer Krankenhäuser über viele Jahre vernachlässigt, berichten Expert*innen. Zusammen mit steigenden medizinischen Behandlungskosten hat dies zu einer Gemengelage geführt, die viele Krankenhäuser finanziell in schweres Fahrwasser gebracht hat.
Im internationalen Vergleich gilt das deutsche Gesundheitssystem als teuer, aber wenig effizient. Nach Auffassung von Karl Lauterbach liegt das unter anderem an Fehlanreizen. So sei der Austausch von Kniegelenken für die Kliniken so lukrativ, dass Patient*innen ohne medizinische Notwendigkeit operiert würden. In anderen Bereichen wie Kinderbehandlung oder Geburtshilfe geben es dagegen eine Unterversorgung.
Lauterbach erklärte nach dem Bundestagsbeschluss: „Die Fallpauschalen werden endlich durch Vorhaltepauschalen weitgehend ersetzt. Gleichzeitig werden nicht notwendige Krankenhäuser abgebaut oder umgewandelt.” Durch Zuschläge würden die notwendigen Krankenhäuser auf dem Land gesichert. Und bundesweite Qualitätsvorgaben garantierten bei komplizierteren Eingriffen erstmals, dass ausreichend erfahrene Ärztinnen und Ärzte im OP stehen. „Mit dieser Strukturreform verbessern wir die Gesundheitsversorgung für eine schnell alternde Gesellschaft und ermöglichen den Bundesländern zusätzlich eine zielsichere Krankenhausplanung“, so der Gesundheitsminister.
Die Redaktion der DEMO - Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik