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Wegen Abstimmung mit AfD: CDU-Kommunalpolitiker kritisieren Merz

Empörung über den Tabubruch: Dass die Union Bundestagsbeschlüsse mit den Stimmen der AfD durchsetzt, stößt in der Kommunalpolitik auf viel Unverständnis. Gegenwind erhält Friedrich Merz nicht nur aus der SPD, sondern auch von CDU-Oberbürgermeistern.

von Carl-Friedrich Höck · 31. Januar 2025
Merz und Scholz im Bundestag

CDU-Chef Friedrich Merz während der Debatte zum „Zustrombegrenzungsgesetz” im Bundestag (im Hintergrund Bundeskanzler Olaf Scholz).

Seit die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag am Mittwoch erstmals einen Antrag mit Stimmen der AfD durchs Parlament gebracht hat, steht der Fraktionschef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz in der Kritik. Auch viele Kommunalpolitiker*innen sind wegen der Vorgänge in Berlin besorgt.

Der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik (Bundes-SGK) sprach am Freitag von einem Tabubruch: „Wer wie Friedrich Merz und die Union mit den Stimmen der Rechten Politik macht, der handelt verantwortungslos und dem sollte auch nicht die Verantwortung für dieses Land übergeben werden!“

Dudda: Beschluss hilft Kommunen nicht

Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda (SPD) erklärte nach der Entscheidung über den Entschließungsantrag der Unionsfraktion: Es mache ihn „fassungslos“, wie Merz vorgegangen sei. Der Blick von Merz reiche nicht bis nach Europa, wird Dudda von der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung zitiert. Die EU habe bereits Lösungen für die Migrationspolitik auf den Weg gebracht. Und den Kommunen helfe der Beschluss des Bundestages schon mal gar nicht.

Der Kurs von Friedrich Merz stößt auch in seiner eigenen Partei auf Unverständnis. Düsseldorfs CDU-Oberbürgermeister Stephan Keller erklärte am Mittwochabend laut einem Bericht der Rheinischen Post: „Ich bin zutiefst beunruhigt, weil sich meine eigene Partei mit einer Gruppe zusammengetan hat, die im Kern antisemitisch und antidemokratisch ist, und das ist inakzeptabel.“ Die Aussage tätigte er bei einem europäischen Forum für Vorstände jüdischer Gemeinden und Rabbiner.

Am Donnerstag äußerte sich auch der sachsen-anhaltische CDU-Politiker Götz Ulrich zu den Vorgängen im Bundestag. Ulrich ist Landrat im Burgenlandkreis und Präsident des Landkreistages in Sachsen-Anhalt. Es gebe zwar Veränderungsbedarf in der Migrationspolitik, sagte er der Mitteldeutschen Zeitung. „Aber das sollte man nicht machen, indem man freie Mehrheiten sucht und so das Risiko eingeht, das mit der AfD zu tun.“ Die AfD-Politik entspreche nicht seinem Verständnis und die Partei stehe „mindestens an der Grenze unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung“.

Saarbrückens OB will weniger Grenzkontrollen

Schon zu Wochenbeginn sprach sich Saarbrückens Oberbürgermeister Uwe Conradt (ebenfalls CDU) auch inhaltlich gegen einen zentralen Punkt von Merz´ Migrationspolitik aus. Der am Mittwoch mit der AfD beschlossene Entschließungsantrag fordert unter anderem dauerhafte Grenzkontrollen an allen deutschen Staatsgrenzen. Conradt dagegen forderte Bundeskanzler Olaf Scholz in einem offenen Brief auf, „sich für einen unverzüglichen Abbau der stationären Grenzkontrollen einzusetzen“. Saarbrücken liegt nahe der deutsch-französischen Grenze. Täglich überquerten tausende Pendlerinnen und Pendler sowie Unternehmen die Grenze, erklärte Conradt. Die Grenzkontrollen seien eine unnötige Belastung für Bürgerinnen und Bürger und ein Symbol für eine dysfunktionale Partnerschaft innerhalb der EU.

Uwe Conradt

Saarbrückens Oberbürgermeister, selbst CDU-Politiker, macht sich Sorgen um Europa und zeigte sich über die Vorgänge im Bundestag verärgert. „Die CDU war und ist für mich die Partei der großen Europäer Konrad Adenauer und Helmut Kohl”, rief er in einem Facebook-Beitrag in Erinnerung.

Uwe Conradt Portrait

Am Donnerstag (nach der Abstimmung über den Entschließungsantrag der Union) legte Conradt auf Facebook nach: „Ich bin verärgert über die Ereignisse des gestrigen Tages im Bundestag. Als überzeugter Europäer und Christdemokrat werde ich das auch parteiintern klar zum Ausdruck bringen und mich für unsere Grundwerte einsetzen.“

Am Freitag stand im Bundestag ein weiterer CDU-Antrag zur Migrationspolitik zur Abstimmung, das „Zustrombegrenzungsgesetz“. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hat bereits klargemacht, dass er das Gesetz im Bundesrat nicht durchwinken würde. Der Berliner Senat werde keinem Gesetz zustimmen, das nur in Abhängigkeit von den Stimmen der AfD zustande gekommen ist. „Mit mir, darauf können Sie sich verlassen, wird es niemals eine Zusammenarbeit, Kooperation oder gar eine Koalition mit den Rechtsextremisten von der AfD geben“, so Wegner.

Autor*in
Porträtfoto Mann mit Brille und dunkelblonden Haaren
Carl-Friedrich Höck

ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.

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