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Wie die Digitalisierung der Verwaltung auf Kurs gebracht werden könnte

Was bremst die Digitalisierung unserer Verwaltung aus? Darüber diskutierten Vertreter*innen von Bund, Ländern und Kommunen auf dem GovTech-Gipfel. Sie waren sich überraschend einig.

von Carl-Friedrich Höck · 20. Februar 2025
Mann blättert vor Bildschirmen sitzend in Papierakte

Schluss mit Papierakten: Eine digitalisierte Verwaltung kann Daten elektronisch und effizient bearbeiten. In Deutschland hakt der Umstellungsprozess jedoch noch.

Bei der Digitalisierung der Verwaltung hinkt Deutschland im internationalen Vergleich hinterher. Das räumte sogar der Beauftragte der Bundesregierung für Informationstechnik ein. Markus Richter bestätigte dies zum Auftakt des „GovTech-Gipfels“ am Mittwoch in Berlin, einer vom Handelsblatt veranstalteten Konferenz.

Angekündigt war ein „Streitgespräch“, in dessen Verlauf Richter sich mit drei Mitdiskutant*innen auseinandersetzen sollte: Bayerns Digitalminister Fabian Mehring (Freie Wähler), Heidenheims Oberbürgermeister Michael Salomo (SPD) und Ann Cathrin Riedel, Geschäftsführerin von NExT e.V., einer Vernetzungsplattform für Verwaltungen. Das Thema der Runde lautete: „Digitale Transformation – woran hakt es noch? Und wer finanziert das Ganze?“ Die Diskussion verlief jedoch weit einvernehmlicher als vom Veranstalter geplant. Denn in vielen waren sich die Podiumsteilnehmenden einig.

„Sind noch nicht da, wo wir sein wollen”

Das zeigte sich schon bei der Einstiegsfrage, wie gut es in der laufenden Wahlperiode gelungen sei, die Digitalisierung voranzubringen. Auf einer Skala von Eins bis Zehn vergaben gleich drei Diskutant*innen eine Sechs. Nur Mehring antwortete abweichend: Für die Vorhaben der Ampel-Regierung vergebe er eine Sieben, für die Umsetzung eine Drei.

Richter wandte ein: Der Bund habe durchaus einiges erreicht. „Alle Services des Bundes, die eine Schnittstelle zu Unternehmen haben, zu Bürgerinnen und Bürgern, sind heute digital.“ Beim Automatisierungsgrad und dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz sei man aber noch nicht da, wo man sein wolle. Nun gehe es darum, „Monolithen aufzubrechen“ und Prozesse zu harmonisieren. Viele digitale Lösungen seien „schön nebeneinander gebaut“. Riedel argumentierte ähnlich: Man müsse sich Prozesse von Anfang bis Ende anschauen. Ein Beispiel: Seit Ende 2024 könnten Menschen in aller Welt über ein Auslandsportal ein Visum beantragen, um mit einer „Chancenkarte“ in Deutschland zu arbeiten. Wenn sie dann aber nach Deutschland kämen, erlebten sie Ausländerbehörden, die quasi gar nicht digitalisiert seien.

Knackpunkte der Digitalisierung

Im Folgenden griff die Runde einige Debatten auf, die im Kontext der Digitalisierung häufig geführt werden:

Föderalismus: Nach Ansicht von Heidenheims Oberbürgermeister Salomo werde dieser „ein bisschen als Ausrede hergenommen“, warum die Digitalisierung so stockend vorangehe. Wenn auf Bundesebene etwas Gutes auf den Weg gebracht werde, entstehe bei den Kommunen ein Druck, sich einzuklinken. Wenn der Bund zum Beispiel den digitalen Personalausweis einführe und die elektronische Krankenakte und das Kindergeld daran hänge, „bin ich mir zu 100 Prozent sicher, dass Kommunen diese Programme freiwillig einführen und anwenden.“ Es bringe ihm als Oberbürgermeister schließlich wenig, wenn er eine Heidenheim-Bürgerapp einführe, denn „die funktioniert in Ahlen, Berlin und Stuttgart schon nicht mehr.“ Etwas skeptischer zeigte sich Bayerns Digitalminister Mehring. Als Politologe halte er Föderalismus für einen Segen, doch „was Digitalisierung angeht, ist Föderalismus der Endgegner“. In den Landkreisen gebe es viele Silos und zu wenige Schnittstellen.

Datenschutz: Bisher gibt es 16 Datenschutzbeauftragte auf Landesebene plus den Beauftragten des Bundes. Und diese würden das Recht durchaus unterschiedlich auslegen, beklagte Markus Richter. Das mache es schwierig, eine datenschutzrechtlich bereits genehmigte Lösung in die Fläche zu bringen. Richter plädierte dafür, die Zuständigkeit der Landesdatenschutzbeauftragten für die Wirtschaft auf die Bundesebene zu transformieren. Dieser Forderung konnte sich sogar Bayerns Digitalminister Mehring anschließen.

Viel Einigkeit

Beim GovTech-Gipfel des Handelsblattes diskutierten Fabian Mehring (Bayerischer Staatsminister für Digitales), Markus Richter (Staatssekretär im Bundesinnenministerium und CIO der Regierung), Ann Cathrin Riedel (NExT e.V.) und Michael Salomo (Oberbürgermeister Heidenheim an der Brenz und Bundesvorsitzender des Netzwerkes Junge Bürgermeister*innen).

Podiumsdiskussion Digitalisierung der Verwaltung

Digitalministerium: Ein solches fordern CDU und FDP auf Bundesebene. Mehring glaubt, dass ein Digitalministerium innerhalb weniger Jahre sogar das wichtigste Ministerium auf Bundesebene werden könnte. Ann Cathrin Riedel schränkte ein: Entscheidender als die Frage, ob es ein eigenes Ministerium gibt, sei die Frage, mit welchen Kompetenzen und welchem Budget die zuständige Person auf Bundesebene versehen werde. „Kann sie durchgreifen?“ Richter sagte; „Wir brauchen ein Ministerium, das einen klaren Auftrag hat.“ Er selbst wecke mit seinem Titel als IT-Beauftragter der Bundesregierung Erwartungen, die er gar nicht erfüllen könne. „Normalerweise würde man denken: Ein CIO hat ein Rechenzentrum.“ Das habe er nicht und sei eher ein Moderator.

Finanzen: Grundsätzlich sei genügend Geld im System, war sich die Runde einig. Seit 2019 habe der Bund für die Verwaltungsdigitalisierung 16 Milliarden Euro ausgegeben, merkte Riedel an. Oberbürgermeister Salomo verwies zwar auf die prekäre allgemeine Finanzlage der Kommunen. Wenn Kommunen 25 Prozent der öffentlichen Ausgaben tätigen, aber nur 14 Prozent der Steuereinahmen bei ihnen ankämen, gehe das nicht lange gut. Doch mit Blick auf die Digitalisierungskosten erklärte Salomo: „Ich brauche ein Personalverwaltungsprogramm. Das sind Kosten, die sind eh schon bei mir in der Verwaltung.“ Womit er wieder den Bogen zur Föderalismusdebatte schlug: Wenn der Bund vorangehe und das Programm europaweit ausschreibe, mit Lizenzen für alle 11.000 Kommunen, „und ich kann mich da als Kommune reinklinken, habe ich mit dem Föderalismus kein Problem.“ So etwas dürfe nur nicht als Befehl von oben durchgesetzt werden.

Autor*in
Porträtfoto Mann mit Brille und dunkelblonden Haaren
Carl-Friedrich Höck

ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.

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