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Wie Kommunen mit Allianzen gegen Hass und Rassismus vorgehen

Der Bund unterstützt Kommunen dabei, sich mit Hass und Rassismus auseinanderzusetzen und gegen Anfeindungen vorzugehen. Ergebnisse aus dem Projekt „KommA“ wurden nun in Berlin diskutiert.

von Carl-Friedrich Höck · 7. März 2025
Gruppenfoto

Die Integrations- und Antirassismusbeauftragte Reem Alabali-Radovan (im schwarzen Anzug) mit Beteiligten der KommA-Modellprojekte.

Die Abkürzung KommA steht für „Kommunale Allianzen und Stategien gegen Rassismus und Hass“. Dabei handelt es sich um ein Projekt, das von Reem Alabali Radovan gefördert wird, der Integrations- und Antirassismus-Beauftragten der Bundesregierung.

Für KommA wurden im Jahr 2023 zehn Modellkommunen ausgewählt. Der Bund unterstützt sie dabei, Lösungen gegen Hass und Rassismus zu entwickeln. Im Bewerbungsverfahren war das Interesse so groß, dass ergänzend noch 68 Netzwerkkommunen in das Projekt aufgenommen wurden. Am Donnerstag wurden in Berlin erste Ergebnisse vorgestellt und im Rahmen einer Konferenz diskutiert.

Solidarität hilft

Wozu Hass im Extremfall führen kann, schilderte der ehemalige Bürgermeister von Altena Andreas Hollstein. 2017 wurde er von einem alkoholisierten Mann mit einem Messer angegriffen und verletzt. Der Täter störte sich an Hollsteins liberaler Flüchtlingspolitik. „Dass ich aus der Stadtgesellschaft heraus angegriffen werde, hätte ich nie für möglich gehalten“, berichtete Hollstein auf der Konferenz. Nach der Tat habe ihm geholfen, dass es noch am Abend eine Solidaritätskundgebung gab, an der alle Parteien des Rathauses teilgenommen haben. Auch aus der Bundespolitik sei viel Rückhalt gekommen.

Zu Beginn seiner politischen Laufbahn fiel es im schwer, offen über Anfeindungen zu sprechen. Manche bösen Briefe habe er einfach in den Papierkorb geworfen. Dass er nun den Mund aufmache und über seine Erlebnisse spreche, tue er auch für seine Kolleginnen und Kollegen, betonte Hollstein.

Integrationsbeauftrage will den Mut stärken

Die Integrationsbeauftrage Alabali-Radovan sagte, es seien aufgewühlte und raue Zeiten. Die Zahl rechtsextremer Straftaten sei gestiegen, alle 13 Minuten werde eine Straftat verübt, aber in der öffentlichen Wahrnehmung sei dies allenfalls eine Randnotiz wert. Die Straftaten richteten sich auch gegen Volksvertreter*innen. Für ihren Einsatz „ernten sie auch noch Hass und Hetze“. Das weiß Alabali-Radovan auch aus eigener Erfahrung. Im Wahlkampf sei ihr Gesicht auf Plakaten geschwärzt oder mit Sprüchen wie „Ab nach hause“ versehen worden.

„Wir müssen starke Allianzen bilden, wenn andere spalten“, sage Alabali-Radovan. Sie wolle Bürgermeistern zur Seite stehen, wenn andere sie angreifen, und Verwaltungsmitarbeitende „empowern“. Dafür sei man mit KommA angetreten.

Das Projekt verfolge drei Ziele, erklärte sie. Erstens wolle man Allianzen aufbauen, zweitens antirassistische Stategiekonzepte entwickeln und drittens kommunale Entscheidungsträger*innen unterstützen, die Hass und Hetze erfahren. Dabei solle sowohl die Außen- als auch die Innendimension beleuchtet werden, so Alabali-Radovan. Das Projekt nimmt also nicht nur die Angriffe von außen in den Blick, sondern auch Probleme innerhalb der Verwaltung selbst. „Es erfordert Mut, über Rassismus in der eigenen Institution zu sprechen“, machte die Integrationsbeauftragte deutlich.

Lernräume schaffen

Die Projekte aus den Modellkommunen wurden während der Konferenz in Workshops besprochen. Zum Beispiel entwickelt die Modellkommune Wismar ein antirassistisches Strategiekonzept. Mit „Rassismussensiblem Übergriffsmanagement“ befassten sich Jena und der Landkreis Mittelsachsen – dazu sollen unter anderem eine Dienstvereinbarung und ein Schulungskonzept erstellt werden. Augsburg hat eine verwaltungsinterne Mitarbeitendenbefragung durchgeführt. Und der Kreis Vorpommern-Greifswald setzt auf eine Moderationsschulung für ehrenamtliche Bürgermeister*innen. Diese soll ihnen helfen, besser mit Grenzüberschreitungen in Ratssitzungen umzugehen.

Als man mit KommA angefangen habe, sei in den Kommunen über Anfeindungen und Rassismus zu selten gesprochen worden, erklärte Jenni Winterhagen von Projektträger, dem IMAP-Institut. Denn die Betroffenen hätten Sorge gehabt, dass daraus noch mehr Anfeindungen entstehen. Sie empfahl kommunalen Entscheidungsträger*innen, „aus der Stärke heraus zu kommunizieren“ und die Anfeindungen anzusprechen, ohne sie zu dramatisieren. Auch riet sie Führungskräften dazu, „strategische Allianzen“ im kleinen Rahmen – unter zehn Personen – zu bilden, wo man offen und vertraulich miteinander reden kann. Diese müssten ein gemeinsamer Lernraum sein.

Im Rahmen von KommA wurde auch eine „Bundesallianz für Verwaltungsmitarbeitende mit Rassismuserfahrungen” gegründet. Wer sich dem Bündnis anschließen will, kann sich beim IMAP-Institut melden.

Weiterführende Informationen:
komma-allianzen.de

Autor*in
Porträtfoto Mann mit Brille und dunkelblonden Haaren
Carl-Friedrich Höck

ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.

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