Blog Aus den Bundesländern

Warum Heilbronn einen Bibliothekshund hat

Vanessa Kapfer-Gördes23. Dezember 2020
Fiete bei der Arbeit in der Heilbronner Stadtbibliothek
Bibliothekshund Fiete in der Stadtbibliothek Heilbronn hilft, Kindern die Freude am Lesen zu vermitteln. Was es mit dem Leseasistenzhund auf sich hat, erklärt die Bibliotheksleiterin Vanessa Kapfer-Gördes.

„Tiere sind so angenehme Freunde, sie stellen keine Fragen und üben keine Kritik.” (George Eliot, Schriftstellerin)

Lesen lernen mithilfe ­eines Hundes? Was auf den ersten Blick wie eine skurrile Idee erscheint, wird an verschiedenen Schulen und Bibliotheken seit Jahren mit großem Erfolg praktiziert. Leseförderung mit Hunden kann unter verschiedenen Rahmenbedingungen stattfinden — als Einzel- oder Gruppenförderung, in der Schule, in der Bibliothek oder in anderen Einrichtungen.

Das Streicheln schafft eine Wohlfühlatmosphäre

In der Heilbronner Stadtbibliothek werden zwei verschiedene Angebote gemacht. Die eher spielerische Variante findet jeden ersten Freitag im Monat in der Kinderbibliothek statt. Acht bis zehn Kinder kommen dorthin, lernen spielerisch den Umgang mit einem Hund und können dort dem Tier eine kleine Geschichte vorlesen. Während der Lesezeit können es sich die Kinder neben dem Hund auf einem Kissen oder einer Decke gemütlich machen. Die Kinder dürfen den Hund anfassen und streicheln, solange dieser sich dabei wohlfühlt. Dabei bestimmt allein der Hund Art und Dauer des Körperkontakts. Wenn Kind und Hund es beide möchten, ist Körperkontakt ausdrücklich erwünscht, denn Studien haben ergeben, dass das Streicheln eines Hundes den Spiegel des Bindungshormons Oxytocin erhöht. Dieses wird mit vielen positiven Effekten in Verbindung gebracht: Steigerung von Vertrauen und positiver Stimmung, Bindung, Reduktion von Stress und Angst, Wohlbefinden, Stärkung der Sozialkontakte. Alles Aspekte, die für erfolgreiches Lesen lernen wichtig sind!

Hier wird Fiete, der gut geeignete und trainierte Bibliothekshund, regelmäßig zur Leseförderung eingesetzt. Sein Frauchen Vanessa Kapfer-Gördes, die Bibliotheksleiterin, leitet die Kinder dazu an, dem Hund vorzulesen. Sie hält sich während der Lesezeit eher im Hintergrund und begleitet nicht den Leseprozess, sondern die Interaktion zwischen Kind und Hund. Ziel ist hierbei die Freude am Lesen durch den Hund zu fördern und das Lesen zu üben.

Im eher therapeutischen Bereich besuchen Frauchen und Hund ­eine Schule und setzten den Hund im Rahmen ihrer Vorlesestunde ein. Hierbei wird der Hund als pädagogischer Assistenten genutzt, um bei den Kindern Lesestrategien und Lese­verständnis zu fördern. Das Frauchen nimmt während des Lesens Einfluss auf den Leseprozess und begleitet die Interaktion zwischen Kind und Hund. Ziel ist hierbei ein spezifisches Lesetraining, das Fördern der Lesefreude und der Aufbau eines positiven lesebezogenen Selbstkonzepts.

Der Hund kritisiert nicht

Wie hilft ein Lesehund? Jede Woche kommt der Lesehund in die Bibliothek, um Kindern Hilfe beim Lesen zu bieten. Das leseschwache Kind liest aus einem speziell geeigneten Buch dem Bibliothekshund und vor und so hat das Kind seinen „eigenen“ Hund zum Vorlesen.

Warum ein Lesehund? Den Kindern macht es Spaß, einem Hund vorzulesen. Er hört zu und kritisiert nicht! Dem Kind tut es gut, den Hund zu streicheln und seine Nähe zu spüren. Ängste und Hemmungen, die durch Misserfolge beim Vorlesen in der Schule entstehen, können hier abgebaut werden. Die Erfahrung hat gezeigt, dass auch Kinder die anfangs ängstlich auf Hunde reagieren, mit der Zeit diese Ängste abbauen und den unbefangenen Umgang mit ­Tieren lernen und erleben.

Lesehunde helfen Kindern somit bessere Noten in der Schule zu erhalten, die Freude am Bücher lesen zu entdecken, ihre Lesefähigkeiten zu verbessern, die Angst vorm Vorlesen zu verlieren, selbstsicherer im Umgang mit Hunden, aber auch mit den Mitmenschen zu werden.

Die Bücher sind je nach Alter und Leistungsstand des Kindes auszuwählen. Beliebt und gut einzubinden sind natürlich Lesegeschichten über Hunde. Für Leseanfänger sind folgende Aspekte wichtig: kurze, klare Sätze und in Sinneinheiten aufgeteilte Zeilen und Bücher mit farbiger Silbenmarkierung. Die Bücher sollten im Präsens geschrieben sein und große Druckschrift mit ausreichend Zeilenabstand und wenig Text pro Seite enthalten. Nach Möglichkeit sollten Illustrationen das Text­verständnis unterstützen.

 

Dieser Text stammt aus dem Landes-SGK Baden-Württemberg der DEMO und erscheint hier mit freundlicher Genehmigung der SGK Baden-Württemberg.