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Bad in Berlin: Wenn der Denkmalschutz die Planungen ausbremst

Im Berliner Ortsteil Friedrichshagen sollte ein altes Bad abgerissen werden, um Platz für eine Bibliothek zu schaffen. Doch nun steht es unter Schutz. Verhindert der Denkmalschutz, dass Kommunen Leerstand beseitigen können?

von Carl-Friedrich Höck · 12. Juni 2025
Helles Gebäude mit Giebeldächern

Das ehemalige Warmbad in Berlin-Friedrichshagen steht seit Langem leer.

Eine Lokalzeitung nennt es „Geisterhaus“. Tatsächlich hat die ehemalige Badeanstalt im Berliner Ortsteil Friedrichshagen schon bessere Zeiten erlebt. Das Gebäude aus dem Jahr 1927 ist stark sanierungsbedürftig, von den Graffiti-beschmierten Wänden bröckelt der Putz. Das Bezirksamt Treptow-Köpenick spielte deshalb mit dem Gedanken, das marode, landeseigene Haus abzureißen. An dessen Stelle, so die Idee, könnte ein Neubau für die benachbarte Stadtteilbibliothek errichtet werden, die dringend mehr Platz benötigt. 

Doch dann durchkreuzte der Denkmalschutz die ­Pläne. Anfang Februar 2025 hat das Landesdenkmalamt das ehemalige Warmbad als Baudenkmal in die Denkmalliste aufgenommen. Nun hat der Bezirk ein Problem, denn zumindest Kulturstadtrat Marco Brauchmann (CDU) hat laut einem Medienbericht starke Zweifel, ob das ­Bestandsgebäude wirtschaftlich zu einer Bibliothek umgebaut werden kann.

Der Fall steht exemplarisch für ­viele andere Kommunen. Das Internet ist voll mit Nachrichten über Fälle, in ­denen der Denkmalschutz Abrisspläne für leer ­stehende Immobilien durchkreuzt. Bremst er also die Stadtentwicklung aus und verdammt Häuser dazu, als „Lost ­Places“ weiter vor sich hin zu gammeln? In ­Einzelfällen mag das vorkommen, grundsätzlich funktioniert Denkmalschutz jedoch anders.

Denkmalschutz hat Grenzen

„Die amtliche Denkmalpflege kann von Eigentümern nichts Unzumutbares verlangen“, stellt Gregor Hitzfeld klar, der als Justiziar beim Landesdenkmalamt Berlin arbeitet. Hin und wieder könne es vorkommen, dass ein Denkmal so marode sei und eine Sanierung so ­teuer wäre, dass der Eigentümer die Kosten gar nicht durch Mieten oder andere Einnahmen wieder hereinholen könne. Dann müsse ihm in letzter Konsequenz auch eine Abrissgenehmigung erteilt werden. Schließlich sei Eigentum grundgesetzlich geschützt. 

Staatliche Stellen könnten sich auf den grundrechtlichen Eigentumsschutz allerdings nicht berufen. Doch auch Kommunen, denen nicht wirtschaftlich nutzbare Denkmale gehören, seien den Vorgaben der Denkmalpflege nicht schutzlos ausgeliefert. „Der Staat muss zum Beispiel in der Lage bleiben, auch seine Kernaufgaben weiter finanzieren zu können“, erklärt Hitzfeld.

Einst denkmalgeschützte Gebäude wurden abgerissen

In Berlin gab es bereits mehrere prominente Fälle, bei denen ein bestehender Denkmalschutz wieder aufgehoben wurde. Neben wirtschaftlichen Erwägungen könnten auch gewichtige ­städtebauliche Aspekte dies begründen, erläutert Hitzfeld. So wurde im Jahr 2000 die Großgaststätte „Ahornblatt“ aus DDR-Zeiten abgerissen und 2017 musste der „Gloria-Palast“, ein historisches Kino am Kurfürstendamm, für einen Neubau weichen.

In der Regel arbeiten die Landesdenkmalämter ohnehin nicht gegen die Interessen der Kommunen, sondern mit ihnen zusammen. In Berlin zum Beispiel sind die Unteren Denkmalschutzbehörden bei den Bezirken angesiedelt. Sie dienen dort als erste Anlaufstelle für die Bürgerinnen und Bürger, wenn diese sich beraten lassen oder einen Antrag stellen wollen. Entscheidungen in denkmalrechtlichen Genehmigungsverfahren werden üblicherweise im Einvernehmen getroffen zwischen der Unteren Denkmalschutzbehörde und der Denkmalfachbehörde, in diesem Fall dem Landesdenkmalamt Berlin. So wird zugleich verhindert, dass ein einzelner Mitarbeiter weitreichende Entscheidungen allein verantworten muss. Nur dann, wenn es zu einem Dissens der beiden Stellen kommt, schaltet sich die beim Senat angesiedelte Oberste Denkmalschutzbehörde als Aufsichtsinstanz ein.

Wann ein Haus denkmalschutzwürdig ist

In den meisten Bundesländern kann ein Gebäude sogar Denkmalschutz genießen, bevor es in die offiziellen Denkmallisten eingetragen wurde. Maßgeblich ist vielmehr, ob es bestimmte Kriterien erfüllt hinsichtlich seiner geschichtlichen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder technischen Bedeutung. Die Eintragung als Denkmal hat somit nur einen deklaratorischen Charakter.

So ist auch in Berlin-Friedrichshagen der Stein ins Rollen gekommen. Nachdem eine Machbarkeitsstudie zum Abriss des „Geisterhauses” und dem Neubau einer Bibliothek veröffentlicht worden war, wurde die bezirkliche Denkmalschutzbehörde aktiv. Sie bat das Landesdenkmalamt, den Denkmalwert der früheren Badeanstalt zu prüfen. Dieses trug das Bad daraufhin in die Landesdenkmalliste ein. Dabei habe es sich nicht um einen Verwaltungsakt gehandelt, gegen den Widerspruch eingelegt werden könne, erklärt das Bezirksamt auf Nachfrage. „Insofern besteht tatsächlich keine Möglichkeit, gegen die Eintragung als Denkmal vorzugehen.“

Unabhängig davon sei die Frage zu sehen, wie nun mit dem Denkmal umgegangen wird. Der Denkmalschutz verbiete nicht grundsätzlich alle Veränderungen an einem Denkmal, diese müssten aber denkmalgerecht geplant und ausgeführt werden, erklärt das Bezirksamt Treptow-Köpenick gegenüber der DEMO. „Grundsätzlich ist es auch im Interesse der Denkmalbehörden, dass Baudenkmale genutzt werden können.“

Wie es nun mit dem alten „Warmbad“ weitergeht, ist unklar. Auf Nachfrage heißt es aus der Abteilung Weiterbildung, Schule, Kultur und Sport des Bezirksamtes, dort lägen bisher keine alternativen Planungen für die Immobilie vor. Was die Eintragung als Denkmal für die Zukunft der benachbarten Bibliothek bedeutet, werde derzeit geprüft.

 

Dieser Bericht stammt aus der DEMO-Heftausgabe 2/2025. Hier können Sie das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik abonnieren.

Autor*in
Porträtfoto Mann mit Brille und dunkelblonden Haaren
Carl-Friedrich Höck

ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.

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