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Einfach bauen: Wie die Kosten gesenkt werden können

Günstige Mietwohnungen sind Mangelware. Dass Bauen teuer ist, liegt auch an den vielen Norm-Vorgaben. Eine Initiative der Bundesregierung will das ändern. Einige Bundesländer sind schon mal vorgeprescht.

von Susanne Dohrn · 2. Januar 2025
Der Konrad-A-Hof in Büdelsdorf

Der Konrad-A-Hof in Büdelsdorf kommt ohne Tiefgarage und Aufzüge aus. Dafür wurde er deutlich günstiger als andere Neubauprojekte. 

Der Bedarf an bezahlbaren Wohnungen ist hoch. Doch Neubau mit niedrigen Mieten ist ohne staatliche Förderung kaum noch finanzierbar. Die gestiegenen Zinsen und Preise für Baumaterialien sind dabei nur die halbe Wahrheit. „Derzeit werden bei einem Wohnbau mehr als 5.000 DIN-Normen beachtet“, sagt André Stark von der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen in Hamburg. „Balkone werden mit Schallschutz ausgestattet oder innenliegende Flure standardmäßig mit Fußbodenheizungen. Wände und Decken sind heute extrem dick, was hohe Materialkosten verursacht und energieintensiv hergestellte Ressourcen wie Beton verbraucht.“

Baukosten sollen reduziert werden

„Bauen muss wieder einfacher und preisgünstiger gemacht werden, ohne Abstriche bei der Sicherheit“, fordert deshalb Bundesbauministerin Klara Geywitz. Ihr Ministerium hat dazu das „Gebäudetyp-E-Gesetz“ auf den Weg gebracht. Anfang 2025 soll es in Kraft treten. Einige Bundesländer führen derweil eigene Regelungen für einfaches Bauen ein. Im Rahmen der „Initiative kostenreduziertes Bauen“ will beispielsweise das Land Hamburg bis zum Jahreswechsel gemeinsam mit Architekten, Wohnbaufirmen und Mieterverbänden einen neuen „Hamburg-Standard“ entwickeln. Er soll festlegen, was für gutes Wohnen notwendig ist. 

„Die Einhaltung aller Bauvorschriften, die als allgemein anerkannte Regeln der Technik definiert sind, dürfen zukünftig nicht mehr allumfassend verpflichtend sein“, fordert auch der wohnungsbaupolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Thomas Hölck. Bisher können Investoren, Baufirmen und insbesondere Architektinnen und Architekten in Mängel-Haftung genommen werden, wenn sie von diesen Regeln abweichen. Thomas Hölck: „Das muss sich ändern, damit unnötige Baukosten verhindert und Wohnbauten und damit die Mieten nicht immer teurer werden.“

Ein Projekt mit Vorbildcharakter 

Die Baugenossenschaft Mittelholstein hat gezeigt, wie einfaches Bauen und gute Architektur miteinander vereinbar sind. Ihr Vorzeigeprojekt Konrad-A-Hof in Büdelsdorf wurde 2018 fertiggestellt. „Eigentlich müsste es intelligentes Bauen heißen“, sagt Stefan Binder, Vorstandsmitglied der Baugenossenschaft. Die 48 geförderten Wohnungen entstanden mit dem Sonderprogramm „Erleichtertes Bauen“, das die SPD-geführte Landesregierung 2015 ins Leben gerufen hatte. Um die Förderung zu erhalten, musste die Genossenschaft sich verpflichten, einen Baupreis von 2.000 Euro pro Quadratmeter einzuhalten, statt der damals üblichen 3.000 Euro. Im Jahr 2022 wurde das Projekt mit dem Landespreis für Baukultur in Schleswig-Holstein ausgezeichnet. ­Binder: „Wir haben etwas geschaffen, das Vorbildcharakter hat.“

Alle Zwei-, Drei- und Vierzimmerwohnungen der dreistöckigen Bauten haben einen Balkon oder eine Terrasse. Es gab keine Abstriche bei der Energieeffizienz. Die Fenster sind dreifach verglast. Verzichtet wurde auf eine Tiefgarage und auf Aufzüge. Nur ein Haus ist unterkellert. Für die barrierefreien Erdgeschosswohnungen gibt es ebenerdige Abstellräume, die ebenfalls barrierefrei zu erreichen sind. Sowohl Innenwände als auch Geschossdecken sind etwas dünner gebaut als derzeit üblich. Das beeinträchtigt nicht die Statik, aber der Schallschutz ist dadurch etwas reduziert. 

Modulare Bauweise und Kreativität

Die Fassaden sind mit grauem Verblendstein gemauert, die Vorder- und Rückseiten der Treppenhäuser mit Holz verkleidet und unten offen. Gebaut wurde mit Modulen: Die Zwei-, Drei- und Vierzimmerwohnungen liegen übereinander. Stefan Binder: „Kluge Grundrisse und kreative Ideen haben nichts mit dickem Mauerwerk zu tun.“ Die Gebäude sind um einen Hof herum angelegt, alle Balkone und Terrassen zeigen zum Hof, auch wenn einige mehr Schatten haben als andere. Binder: „Bei uns steht die Gemeinschaft im Vordergrund.“ Derzeit wohnen im Konrad-A-Hof 150 Menschen aus acht Nationen, ein Drittel davon sind Kinder. Die Autos müssen „draußen“ ­bleiben. Sie parken nicht im Innenhof, sondern seitlich davon. 

Wird mit Inkrafttreten des „Gebäudetyp-E-Gesetzes“ jeder Bauherr „einfach“ bauen können? Geplant ist, dass „fachkundige Vertragspartner“ von den anerkannten Regeln der Technik abweichen dürfen. Das bedeutet, so das Bundesbauministerium: „Er oder sie darf einfach ­bauen, er oder sie muss dies nur wollen und verstehen – hinsichtlich der technischen Folgen und der Folgen für die geplante Nutzung. Fachkundige Bauherren benötigen hier weniger Aufklärung, sodass die Planung beschleunigt werden kann.”

Autor*in
Susanne Dohrn

ist freie Autorin und SPD-Ratsfrau in Tornesch

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