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Mit digitaler Plattform gegen den Leerstand

Wie Ansiedlungsmanager passende Konzepte und Mieter für Gewerbeflächen vermitteln. Ein Beispiel ist das Projekt „Leerstands- und Ansiedlungsmanagement“ (LeAn).
 

von Carl-Friedrich Höck · 12. September 2024
Bremen Innenstadt

Die Sögestraße ist eine beliebte Einkaufsstraße in Bremen. Die Wirtschaftsförderung der Stadt hilft mit, Hauseigentümer und passende Mieter zusammenzubringen.

Jahrelang kannten die Preise für Gewerbeimmobilien nur eine Richtung: aufwärts. Doch seit Beginn der Corona-Pandemie fallen die Preise, und zwar deutlich. Ein Grund: Es stehen wieder mehr Laden- und Büroflächen leer. Für die Kommunen ist das ein Problem, weil die Attraktivität der Innenstädte leidet und ihnen wichtige Gewerbesteuereinnahmen entgehen. Deswegen arbeiten sie intensiv dagegen an. Ein Beispiel ist das Projekt LeAn. 

Die Abkürzung steht für „Leerstands- und Ansiedlungsmanagement“. Dafür floss 2021 und 2022 Geld aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Bei LeAn handelt es sich um eine digitale Plattform, die Kommunen helfen soll, aktiv gegen Leerstand vorzugehen oder ihn frühzeitig zu vermeiden. Zusammen mit 13 anderen Städten war auch Bremen in das Projekt eingebunden. Laut der Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) wird LeAn jetzt mit Bremer Mitteln weiter ausgebaut, nachdem die Förderung des Bundes ausgelaufen ist.

Gute Datenbasis ist die Grundlage

Die interne Plattform funktioniert so: Wenn ein Objekt frei wird, kann der ­Eigentümer oder ein Makler das melden. Zusätzlich macht sich die Wirtschaftsförderung auch selbst auf die Suche nach leerstehenden Gewerbeflächen. Eine Halbtagskraft kümmert sich darum, die Datenbank mit aktuellen Informationen zu füttern, Recherche zu betreiben und an die Eigentümer heranzutreten.

Mit den Daten kann die WFB qualifizierte Exposés erstellen: mit Fotos und Lagebeschreibung, Angaben zu Größe, Nutzungsmöglichkeiten, Stellplätzen und mehr. „Eine gute Grundinformationsbasis zu jeder Immobilie“ sei das, erklärt Thorsten Tendahl, Abteilungsleiter für Akquisition und Projekte bei der WFB. Früher habe man nur rudimentäre Informationen gehabt, wem die Gebäude gehören. Heute seien rund 780 Immobilien in der Datenbank erfasst.

Wenn ein Unternehmen sich in Bremen ansiedeln will, kann die Wirtschaftsförderung anhand der Daten zielgenaue Vorschläge machen, welche Immobilien zu einem bestimmten Konzept passen könnten. Erste digitale Zusammenführungen zwischen Leerständen und Handelskonzepten hätten sich bereits ergeben, teilt die WFB mit. Der Funktionsumfang sei weit umfangreicher als bei bisherigen Systemen zur Leerstandserfassung. „Wir nutzen die Datenbank extrem“, sagt Thorsten Tendahl.

Förderprogramm „City Uptrade“

Trotzdem ist LeAn nur ein Baustein einer umfangreichen Ansiedlungsstrategie. Ein anderer ist „City UpTrade“, ein Förderprogramm, mit dem Bremen ­neuen Gewerbeansiedlungen eine Anschubfinanzierung gewährt. Zweimal pro Jahr veranstaltet die Wirtschaftsförderung einen „Immobilienwirtschaftlichen Dialog“, um sich mit den Immobilienbesitzern über aktuelle Entwicklungen auszutauschen und Kontakte zu knüpfen. Das soll in einem exklusiven und vertraulichen Rahmen passieren, Politiker und Presse bleiben außen vor.

Nicht nur Großstädte wie Bremen setzen auf aktives Leerstandsmanagement. Wittenberge hat lediglich 17.000 Einwohner. Trotzdem leistet die Stadt sich einen Leerstandsmanager, gemeinsam mit der Nachbarkommune Perleberg. Wie hier gearbeitet wird, berichtete Bürgermeister Oliver Hermann (parteilos) kürzlich bei einem Pressetermin in Berlin. Alle sechs Wochen gebe es eine Videoschalte. „Da sitzt der Bürgermeister, das Bauamt, die Kultur ist mit dabei – also fünf, sechs Leute – und dann geht man in der Innenstadt durch die ganze Straße.“ Bei jeder Adresse, wo es was zu tun gebe, würden die Aufgaben verteilt.

Digitale Plattform „Leerstandslotsen“

Eine Hürde für Kommunen besteht ­darin, dass deren Kontakte oft nur in die lokale Wirtschaft reichen. Hier kommt die Plattform „Leerstandslotsen“ ins Spiel. Als „Tinder der Gewerbeimmobilien“ beschreibt PR-Manager Philipp Schreier die Plattform in Anspielung auf ein bekanntes Datingportal. Betrieben wird das Produkt von der LLASM Technology GmbH. „Wir sind deutschlandweit unterwegs und auch in Österreich, wir können also über die Region hinaus matchen“, sagt Schreier.

Gewerbetreibende können ihre Konzepte kostenlos auf die Seite stellen. Auch Flächenanbieter können sich gratis registrieren, ihre Flächen einstellen und so nach passenden Konzepten suchen. Erst im letzten Schritt fallen Kosten an, um Informationen freizuschalten, welche Firma hinter einem potenziell passenden Konzept steht und wie man sie kontaktieren kann. 

Leerstandslotsen und LeAn basieren auf dem gleichen Grundprinzip. Das ist kein Zufall: Das Team der Leerstandslotsen war Teil des vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projekts „Stadtlabore für Deutschland: Leerstand und Ansiedlung“ (2021–2022). Hier wurde der Matching-Algorithmus erprobt, der nun auch die Basis für die eigene Plattform darstellt.

Die Wirtschaftsförderung Bremen arbeitet mit den Leerstandslotsen zusammen. Dadurch konnten im vergangenen Jahr Kontakte zu 200 niederländischen und dänischen Konzepten aufgenommen werden, teilt die WFB schriftlich mit. „Circa 40 dieser Brands stehen dadurch auf der Longlist mit grundsätzlichem Interesse am Standort Bremen.“
 

Autor*in
Porträtfoto Mann mit Brille und dunkelblonden Haaren
Carl-Friedrich Höck

ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.

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