Das sind die „Kommunalen“ in der neuen SPD-Fraktion
Wer vertritt die Interessen der Städte und Gemeinden im neuen Bundestag? Viele bisherige Mitglieder der sozialdemokratischen Arbeitsgruppe Kommunalpolitik scheiden aus dem Parlament aus. Diese neu gewählten Abgeordneten könnten an ihre Stelle treten.
Höck/DEMO
Reichstagsgebäude des Deutschen Bundestages
Traditionell nimmt die SPD für sich in Anspruch, eine Kommunalpartei zu sein, die stets die Nöte der Städte, Gemeinden und Landkreise im Blick hat. Innerhalb der SPD-Bundestagsfraktion ist es Aufgabe der „Arbeitsgruppe Kommunalpolitik“, den Informationsaustausch mit der kommunalen Ebene zu organisieren. Gleichzeitig sorgt die AG dafür, dass kommunale Anliegen in der Fraktion vertreten werden. In der nun abgelaufenen Wahlperiode war die AG Kommunalpolitik die größte Arbeitsgruppe der Fraktion.
Viele bisherige Abgeordnete scheiden aus
Nach der Bundestagswahl am 23. Februar steht die AG vor einem großen Umbruch. Viele prägende Gesichter der vergangenen Jahre gehören dem neuen Bundestag nicht mehr an. Zum Beispiel Bernhard Daldrup. Der bisherige kommunalpolitische Sprecher der SPD-Fraktion hat die AG zehn Jahre lang geführt, hat aber nun nicht wieder für das Parlament kandidiert.
Von seinen sechs Stellvertreter*innen wurden nur zwei erneut in den Bundestag gewählt. Isabel Cademartori und Helmut Kleebank. Cademartori hat sich in der vergangenen Wahlperiode schwerpunktmäßig um Mobilitätsthemen gekümmert und gehört seit 2019 auch dem Gemeinderat der Stadt Mannheim an. Kleebank war von 2011 bis 2021 Bezirksbürgermeister von Berlin-Spandau.
Dirk-Ulrich Mende (ehemals Oberbürgermeister von Celle) und Sarah Ryglewski sind zur Bundestagswahl 2025 nicht wieder angetreten. Drei weitere AG-Mitglieder haben es nicht wieder in die Volksvertretung geschafft: Franziska Mascheck genügte Platz 7 auf der Landesliste der SPD Sachsen nicht für den Wiedereinzug, ihr Direktwahlkreis Leipzig-Land fiel an die AfD. Brian Nickholz konnte seinen Wahlkreis Recklinghausen II ebenfalls nicht gewinnen. Sein Listenplatz 50 auf der NRW-Landesliste war aussichtslos. In Thüringen reichte Tina Rudolph auch Listenplatz 4 nicht. Auch im Wahlkreis 189 (Eisenach – Wartburgkreis – Unstrut-Hainich-Kreis) hatte sie als Direktkandidatin keinen Erfolg.
Auch Ausschuss-Arbeitsgruppe sortiert sich neu
Neben der AG Kommunalpolitik gab es bisher in der SPD-Fraktion auch eine AG Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen. Diese war an den gleichnamigen Ausschuss angegliedert. In dieser AG steht ebenfalls ein großer Umbruch an. Von den bisherigen Mitgliedern gehört nur noch eine einzige Abgeordnete dem neu gewählten Bundestag an: Heike Heubach aus Bayern. Bekanntheit erlangte sie unter anderem durch eine historische Rede: Im Oktober 2024 betrat sie als erste gehörlose Abgeordnete das Rednerpult im Deutschen Bundestag.
Neben Bernhard Daldrup (als bisherigem Vorsitzenden) und Dirk-Ulrich Mende sind noch weitere AG-Mitglieder nicht erneut zur Wahl angetreten, nämlich: Martin Diedenhofen, Claudia Tausend und Emily Vontz. Neben den oben erwähnten Franziska Mascheck und Brian Nickholz gelang auch Timo Schisanowski und Melanie Wegling der Wiedereinzug in den Bundestag nicht.
Wer weiter dabei ist
Wie also könnte die künftige AG Kommunalpolitik der SPD-Fraktion aussehen? Denkbar ist, dass Abgeordnete eine stärkere Rolle spielen, welche der AG Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen bisher nur stellvertretend angehört haben. Fünf von ihnen haben es wieder ins Parlament geschafft: Sanae Abdi und Markus Töns (beide NRW), Frauke Heiligenstadt (Niedersachsen), Verena Hubertz (Rheinland-Pfalz) sowie Uwe Schmidt (Bremen).
Auch Elisabeth Kaiser könnte nun wieder eine stärkere Rolle in der Arbeitsgemeinschaft spielen. Die Thüringerin ist derzeit Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. Bereits in der 19. Wahlperiode gehörte sie dem Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen an.
Neue Gesichter mit kommunaler Erfahrung
Darüber hinaus wurden mehrere SPD-Politiker*innen neu in den Bundestag gewählt, die kommunalpolitische Expertise mitbringen:
- Philipp Rottwilm ist seit 2018 hauptamtlicher Bürgermeister der Gemeinde Neuental (Nordhessen) und nun in den Bundestag eingezogen.
- Hendrik Bollmann ist seit 2014 Ratsmitglied in Herne (NRW) und dort stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender. Seine Schwerpunkte sind Schul- und Sportpolitik.
- Truels Reichardt ist Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion in Nordfriesland (Schleswig-Holstein). Der Sozialpädagoge möchte sich für eine moderne Infrastruktur, gute Krankenhausversorgung auch auf dem Land und eine Reform der Schuldenbremse einsetzen, wie auf der Internetseite der SPD Schleswig-Holstein zu erfahren ist.
- Ingo Vogel ist SPD-Fraktionsvorsitzender in Essen (NRW). Auf seiner Kandidaten-Website schreibt er: „Als Familienvater, Polizeibeamter und Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion stehe ich für eine bürgernahe, solidarische und gerechte Politik.“ Sein Ziel sei es, Gesetze so zu gestalten, dass sie durchdacht, umsetzbar, kontrollierbar und vor allem verständlich sind.
- Jens Behrens ist SPD-Fraktionsvorsitzender im Rat von Lippstadt (NRW). Im Wahlkampf versprach er: „Ich möchte mich in Berlin für eine finanzielle Stärkung unserer Kommunen einsetzen.“ Zudem warb er für moderne ÖPNV-Konzepte im ländlichen Raum und mehr kommunalen Wohnungsbau mit finanzieller Unterstützung des Bundes.
- Daniela Rump ist seit acht Jahren Mitglied des Gemeinderats in Nordstemmen (Landkreis Hildesheim, Niedersachsen).
Neu in den Bundestag gewählt wurden übrigens auch die bisherigen Bundesminister*innen Nancy Faeser (Inneres) und Boris Pistorius (Verteidigung). Zumindest theoretisch könnten auch sie die Arbeitsgruppe Kommunalpolitik bereichern. Pistorius war einst Oberbürgermeister von Osnabrück. Und Nancy Faeser engagierte sich, bevor sie Bundesministerin wurde, viele Jahre als Mitglied des Kreistags im Main-Taunus-Kreis und Stadtverordnete in Schwalbach am Taunus.
Bildergalerie: die Kommunalen in der SPD-Fraktion
Dirk Bleicker
ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.