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Kommunale Kliniken: Warten auf die Reform

Die Krankenhausreform und ihre möglichen Folgen werden aktuell heiß diskutiert. Viele Details sind noch unklar. Bundesgesundheitsminister Lauterbach spricht von „wichtigster Phase des Prozeßes“.  

von Karin Billanitsch · 24. September 2024
Uniklinik Düsseldorf

Wie geht es weiter mit der Krankenhausversorgung in Deutschland? Kommunen müssen sich im Zuge der Krankenhausreform frühzeitig mit der Krankenhausplanung beschäftigen. 

Sie sind das Rückgrat einer hochwertigen Gesundheitsversorgung: die kommunalen Krankenhäuser. Viele sind in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation. Laut Krankenhausrating-Report 2024 vom RWI Leibnitz Institut für Wirtschaftsforschung erwarten 70 Prozent der Kliniken für 2024 ein negatives Ergebnis. Das Bundesgesundheitsministerium arbeitet derzeit mit Hochdruck an einem Gesetz zur Reform der Finanzierungsstrukturen und an der Verbesserung der Versorgungsqualität. Über die Chancen kommunaler Krankenhäuser und deren „Zukunftsperspektiven im Zeiten der Krise“ haben Kommunale und Klinikverantwortliche am Montag  in Berlin diskutiert. 

Millionen für Verlustausgleich

Um Insolvenzen und Schließungen zu verhindern, mussten viele Kommunen viele Millionen Euro an die Kliniken zuschießen. Allein für die Stadt Potsdam hat OB Mike Schubert 20 Millionen Euro als Verlustausgleich bereitgestellt, wie er in Berlin festellt. Für das Jahr 2022 gab es laut aerzteblatt.de ein Defizit für alle kommunalen Krankenhäuser von 447 Millionen Euro. 

Die Situation vor der die Kommunen jetzt stehen, formuliert Mike Schubert zugespitzt: „Sie müssen ihre Krankenhäuser stabilisieren, bis die Reform soweit ist – oder die Krankenhäuser werden nicht mehr da sein.“ Er stellte auch die Frage, die alle umtreibt: „Wie bekommen wir eine Struktur in die kommunalen Krankenhäuser, die überlebensfähig sind?“

Aktueller Stand der Reform

Eine Antwort darauf soll die Krankenhausreform geben. Über den aktuellen Stand redet Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach. „Die Reform soll im Januar 2025 in Kraft treten“, bestätigt er den bisherigen Zeitplan. Das Gesetz befindet sich im parlamentarischen Verfahren. Lauterbach ist nach eigenem Bekunden „gut in der Zeit“, es gebe intensive Berichterstatter-Gespräche, Austausch mit den Ländern und auch mit den Kliniken. Der Minister sagte zu, Änderungswünsche der Länder zu berücksichtigen. Das hatte er kürzlich auch auf dem Krankenhausgipfel 2024 erklärt.

 „Wir sind jetzt in der wichtigsten Phase“, betonte der Minister. Er mache gerade eine Tour durch  Deutschland, um „auf der Ebene der einzelnen Häuser, hinter den Kulissen, miteinander zu reden“. Er wirbt darum, die Reform kritisch, aber konstruktiv zu begleiten. 

Mit dem Gesetz will Lauterbach die Krankenhaus-Finanzierung auf neue Füße stellen. Das bisherige System der Fallpauschalen (DRG-System) soll abgeschafft und teilweise (60 Prozent) durch eine so genannte Vorhaltevergütung gesichert werden. 40 Prozent der Vergütung muss weiterhin durch Behandlungen erwirtschaftet werden. Die Vorhaltefinanzierung soll, so die Idee, den ökonomischen Druck auf die Krankenhäuser reduzieren und mehr Planungssicherheit geben. 

Einleitung eines Strukturwandels

Damit soll auch ein Strukturwandel einher gehen: Krankenhäuser werden in bestimmte Leistungsgruppen eingeteilt, deren Qualitätsanforderungen sie erfüllen müssen. Lauterbach rät den Ländern ihre Krankenhausplanung frühzeitig anzugehen - denn die Planungshoheit für die Krankenhausversorgung bleibt auch nach der Reform weiterhin bei den Ländern. Das heißt, welches Krankenhaus welche Leistungen anbieten kann, entscheidet letztlich das jeweilige Land. Auch Kommunen, die früh und intensiv planten, seien im Vorteil, wenn es um den Erhalt von Leistungen gehe, so der Minister sinngemäß. 

Nordrhein-Westfalen ist Vorreiter mit einer neuen Krankenhausplanung. Dort können sich Krankenhäuser für bestimmte Leistungsgruppen bewerben. Die Reform sei gut, lobte Lauterbach. „Die Reformen ergänzen sich.“ Im Bundesgesetz gehe es aber darüber hinaus um eine Finanzierungsreform. 

Die Reform sei wichtig, weil „wir sonst auf wichtige Spezialisierungen keinen Zugriff“ haben, so der Minister. Das jetzige System sei ineffizient und in der Qualität nicht dort, wo es sein könnte. 

“Auch kleinere Häuser am Netz halten“

Er tritt aber auch Befürchtungen entgegen, dass es zu einem Kliniksterben, vor allem auf dem Land, kommt: „Es ist notwendig, die Reform zu machen, um kleinere Häuser am Netz zu halten, die wir im ländlichen Bereich brauchen, die aber jetzt nicht leben können.“ Für diese chronisch unterfinanzierten Häuser soll es Zuschläge geben, die bestimmte Defizitbereiche, wie etwa Notfallversorgung, Intensivmedizin, oder Geburtshilfe, um einige zu nennen, abzudecken. 

„Es wird kleinere Häuser mit einem einfachen Behandlungsspektrum und größere mit komplettem Spektrum geben“, glaubt Nils Dehne von der Allianz kommunaler Großkrankenhäuser e.V. (AKG) , einer der Veranstalter der Tagung. Er plädiert für mehr Kooperation statt Konkurrenz zwischen den Wettbewerbern und bessere Vernetzung. „Wir sind der Überzeugung, dass die Veränderungen in der Kliniklandschaft kommen werden, egal ob mit oder ohne Reform.“ 

AKG: „Mehr Kooperation statt Wettbewerb“

Die AKG will regionale Kooperationen weiter ausbauen, auch außerhalb der klassischen Versorgung, zum Beispiel nach dem Vorbild der EKK, Dienstleistungs- und Einkaufsgemeinschaft Kommunaler Krankenhäuser. Hier werden Einsparungen erzielt durch gemeinsamen Einkauf von Medizintechnik oder Material. In der AKG sind 50 Mitgliedskliniken und deren mehr als 200 Einrichtungen zusammengeschlossen. Neben AKG und EKK war auch der Deutsche Städtetag Mitveranstalter der Tagung. 

Autor*in
Karin Billanitsch

ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.

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