Nachhaltiger Tourismus im ländlichen Raum: So kann es funktionieren
Immer mehr ländliche Kommunen bemühen sich um nachhaltige Tourismuskonzepte. So sollen regionale Betriebe und Naturgebiete als Reiseziele gefördert werden, ohne dabei Schaden zu nehmen. Doch wie sieht das in der Umsetzung aus?
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Viele ländliche Kommunen haben bereits nachhaltige Tourismuskonzepte entwickelt und wollen damit sowohl die Wirtschaft als auch die Umwelt vor Ort stärken.
Tourismus sei längst ein „knallharter Wirtschaftsfaktor“ und nicht nur ein „Nice-to-Have“ – auch im ländlichen Raum. Das sagte Manfred Sternberg, Geschäftsführer der Bundes-SGK, auf einer Konferenz der Friedrich-Ebert-Stiftung.
Richard Meyer, Minister für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit des Landes Mecklenburg-Vorpommern sowie Präsident des Deutschen Tourismusverbandes, konnte das aus eigener Erfahrung bestätigen. Denn in seinem Bundesland erwirtschaftet allein die Tourismusbranche zwischen 15 und 20 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, etwa ein Viertel der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in Mecklenburg-Vorpommern ist in diesem Sektor angestellt.
Doch bei allem wirtschaftlichen Vorteil hat der Tourismus auch seine Schattenseiten. Wenn Faktoren wie Natur, Mobilität und Gemeinwohl nicht zusammengedacht werden, droht er für Einheimische und Umwelt zur Belastung zu werden.
Verschränkung von Freizeitangeboten mit ÖPNV
In der Saarpfalz, wo auch das Biosphärenreservat Bliesgau liegt, möchte man dieser Gefahr genau dort entgegenwirken, wo es im ländlichen Raum besonders schwierig wird: Im Bereich Mobilität. Dass die meisten Urlauber*innen wegen mangelnder Anbindung an den ÖPNV mit dem Auto anreisen, hat man hier schon vor geraumer Zeit erkannt.
Im Bliesgau setze man daher nun auch auf eine starke Verschränkung des öffentlichen Nahverkehrs mit den Freizeitangeboten vor Ort, um die Menschen dazu zu bewegen, „das Auto stehenzulassen“, erklärte Maurice Eikhoff von der Stabsstelle für Nachhaltige Entwicklung und Mobilität des Saarpfalz-Kreises. Ein Beispiel dafür: Der „Biosphärenbus“. Dieser startet stündlich in Homburg und verbindet die Stadt auf einer 54 Kilometer langen Strecke mit verschiedenen Sehenswürdigkeiten und Wanderwegen verbindet.
Durch solche Angebote habe sich bereits viel getan, so Eikhoff. Die Tourist*innen würden zwar meistens weiterhin mit dem Auto anreisen – viele von ihnen würden für die Wege vor Ort mittlerweile jedoch auf den ÖPNV der Region setzen. In näherer Zukunft wolle man daher auch den „On-Demand-Verkehr“ durch batterieelektrische Rufbusse ausbauen. Langfristig strebe man jedoch an, dass die Menschen gar nicht erst mit dem Auto anreisen.
Nachhaltige Bildungsangebote
Außerdem werde Bildung zum Thema Nachhaltigkeit verstärkt in die Tourismusangebote der Region integriert, sagte Nina Burgey-Wack von der Saarpfalz-Touristik. Unter den zahlreichen Online-Informationen zu nachhaltigem Reisen im Bliesgau findet sich so auch die „Biosphären-Safari“. Hier können sich Urlauber*innen mit dem „Biosphärenbus“ auf Safari zwischen verschiedenen Orten in der Biosphäre begeben – falls gewünscht sogar mit Tour-Guides.
Zudem bietet die Saarpfalz-Touristik sogenannte kulinarische Wanderungen an, bei denen die lokalen Wanderwege mit Besuchen von regionalen Gastronomiebetrieben und Informationen zu Flora und Fauna vor Ort verknüpft werden.
Besucherlenkung zum Schutz vor Überlastung
Doch was, wenn die Besucher*innen selbst zur Belastung für die Umwelt werden? In der Gemeinde Bad Hindelang im Oberallgäu arbeitet unter anderem Tourismusdirektor Max Hillmeier an Lösungen für dieses Problem. Bereits 2023 erhielt Bad Hindelang Fördergelder für ein Pilotprojekt zur Besucherlenkung.
Damit sollen vor allem Wege in sensiblen Bereichen der Natur, wie Biotopen, zurückgebaut werden, sowie andere Wege verbessert werden, heißt es in einer Pressemitteilung der Gemeinde. Auch sollen unter anderem ehrenamtliche Naturscouts beschäftigt werden. Durch solche Maßnahmen sollen „Hotspots“ in der Natur vor Überlastung geschützt werden, erklärte Hillmeier.
Eine „vernünftige Balance“ für die Zukunft
Die Branche ist also längst im Wandel: In vielen ländlichen Regionen wird der Tourismus nachhaltiger. Damit das wirklich funktioniert, müssen jedoch die Menschen, die in den Regionen leben, mitbedacht werden, findet Reinhard Meyer. Auf Ostseeinseln wie Rügen oder Usedom treibe der Massentourismus die Mietpreise in die Höhe, während die Löhne für die Beschäftigten im Sektor niedrig bleiben. Es brauche also eine „vernünftige Balance“, so Meyer: Aus Tourismus, Nachhaltigkeit, und Gemeinwohl.