Olaf Scholz: „Moderate Reform der Schuldenbremse“
Lösungen für die Altschuldenproblematik der Kommunen und ein Plädoyer für eine moderate Reform der Schuldenbremse: Bundeskanzler Olaf Scholz bringt positive Botschaften für deutsche Städte und Gemeinden mit. Die Schuld für das Ampel-Aus sieht er nicht bei der SPD.
Dirk Bleicker
Bundeskanzler Olaf Scholz im Publikum – kurz bevor er das Wort an die Kommunalen richtet, die zum 19. DEMO-Kommunalkongress nach Berlin gereist sind.
Bundeskanzler Olaf Scholz begrüßte das Publikum auf dem 19. Demo-Kommunalkongress gut gelaunt: „Kommunaler bin ich selbst einmal gewesen, ich weiß was sie leisten. Deshalb bin ich gern gekommen.“ Am kommenden Montag kommen die Gremien der SPD zur Beratung aktueller Themen und der Nominierung des SPD-Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl am 23. Februar 2025 zusammen. Boris Pistorius hat auf die Kanzlerkandidatur verzichtet.
„Wir bauen auf den Erfolgen auf“
Der Bundeskanzler blickte kurz zurück auf die Ereignisse rund um den Bruch der Ampel-Koalition und konstatierte: „Wir haben in schwieriger Zeit eine Koalition geformt aus aus SPD, Grünen und FDP. Wir haben sie hingekriegt, es auch drei Jahre gemanagt. Und ich sage ausdrücklich, am Ende war es mir auch wichtig, sie zu beenden.“ Denn das, was da passiert sei, habe so nicht weitergehen können, erklärte Scholz. An der SPD habe es nicht gelegen, das die Koalition zerbrochen ist. Sie sei diejenige gewesen, die versucht habe, das hinzukriegen.
Dann nahm er die Zukunft ins Visier und sagte mit Blick auf den Termin der Bundestagswahl: „Am 23. Februar wollen wir zeigen, wofür wir stehen, wie wir dieses Land weiterhin führen können und wollen das auch aufbauen auf die Erfolge, die wir bisher erreicht haben.“ Denn, so schob der Kanzler hinterher: „Die gibt’s auch”.
Ukrainekrieg: „Unterstützung und Besonnenheit“
Scholz kam anschließend auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine zu sprechen, der die ganze Legislatur über andauert. Scholz fand klare Worte: „Es war wichtig, dass wir entschieden haben die Ukraine zu unterstützen, ihr zu helfen, mit Waffen, mit Finanzmitteln.” Er machte zugleich die schwierige Situation deutlich, in der er Entscheidungen treffen musste: „Es ist eine Zeit, in der man nicht nur die Kraft haben muss, das zu tun was notwendig ist, um ein solches Land zu unterstützen, sondern in der man auch dafür Sorge tragen muss, dass es nicht eskaliert zu einem Krieg zwischen Russland und der Nato.“
Es gebe viele Menschen, die Angst und Sorgen hätten um die Sicherheit in Europa, so der Kanzler. Er bekannte, sich in dieser Frage von Besonnenheit leiten zu lassen. Dabei spielte dabei er auf die Diskussion um die Lieferung von Marschflugkörpern an, die russisches Territorium erreichen können. Scholz lehnt es ab, der Ukraine solche Waffen bereitzustellen.
Bogen zur Kommunalpolitik
Von der großen Weltlage spannte er dann den Bogen zur Kommunalpolitik und sprach wichtige Erfolge an: „Den Mehltau, mit dem alles so langwierig und schwierig geworden ist in diesem Land, haben wir versucht wegzukriegen.“ Um alle Gesetze aufzuzählen, die gemacht worden seien, damit etwas schneller geht, bräuchte man eine halbe Stunde. Wie viel die Regierung unternommen habe, sei aber noch nicht überall angekommen.
Aber an folgenden Dingen könne man schon Erfolge sehen, führte der Kanzler aus: am Ausbau der erneuerbaren Energien, der Stromnetze, der Leitungen, der Infrastruktur, die „jetzt endlich Tempo aufgenommen haben“. Niemals wäre ohne Wechsel zu einem sozialdemokratischen Kanzler möglich gewesen, dass man das Ziel erreichen werde, ab 2030 zu 80 Prozent erneuerbaren Strom zu haben. Er machte deutlich: „Ich bin stolz auf das, was wir an Modernisierung und Erfolgen zustande bekommen haben.“
Scholz plädierte vor dem kommunalen Publikum für eine Migrationspolitik, die jene zügig integriert, die arbeiten wollen, aber irreguläre Einwanderung im Griff hat. Deutschland könne auf die Frauen und Männer aus anderen Ländern, die mit anpacken, nicht verzichten, legte er dar, denn: „Es gibt mehr Erwerbstätige in Deutschland, als es jemals der Fall war.“ Wäre das nicht so, hätte das Folgen für die Sozialsysteme und das Wirtschaftswachstum. „Vielleicht muss man den ganzen Menschen, die sich für Ökonomen halten, einmal sagen: Es gibt wirklich keine große Volkswirtschaft der Welt, die über mehrere Jahr hinweg wächst, obwohl die Erwerbsbevölkerung schrumpft.“ Die Regierung habe die Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte erleichtert.
Scholz kündigt Altschulden-Gesetz an
Der Kanzler brachte außerdem eine wichtige Botschaft mit, die im kommunalen Lager positiv aufgenommen werden dürfte: Er werde sich der drängenden Altschuldenproblematik annehmen und wolle dafür sorgen, dass dazu noch ein Gesetzentwurf eingebracht wird, „um sicherzustellen, dass die Vorschläge, die auf dem Tisch liegen für eine Altschuldenproblematik, im Bundestag verhandelt werden können.“ Hintergrund: Viele Kommunen sind infolge von Strukturwandel so überschuldet, dass sie kaum noch finanzielle Handlungsspielräume haben. In der folgenden Diskussion mit kommunalen Politikern plädierte Scholz zudem „für eine moderate Reform der Schuldenbremse”, was mit Beifall aufgenommen wurde.
Der Kanzler warnte vor finanziellen Verteilungskämpfen: Mit Blick auf die Zukunft gehe es um die Frage, wie mehr Geld für Verteidigung aufgebracht werden kann. „Wie kriegen wir das hin, dass wir diese Sicherheitsaufgabe finanzieren können? Darf das auf Kosten der Zukunft des Landes, der Kommunen gehen?“ fragte er rhetorisch? Das könne nicht sein, es müssten andere Wege gefunden werden, die nicht bedeuten, „dass wir das bezahlen mit der Zukunftsfähigkeit der Kommunen.“ Er sei überzeugt: „Wir müssen das zusammen hinkriegen. Das geht, wenn wir zusammenhalten und eine soziale Politik machen.“
Ralf Bauer
ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.