SGK-Landesvorsitzender Meyer will „neue Altschulden“ verhindern
Wofür steht Sozialdemokratie auf kommunaler Ebene? Der Vorsitzende der SGK NRW Frank Meyer gab darauf auf dem DEMO-Kommunalkongress eine Antwort. Zugleich verwies er auf die hohen Defizite der Kommunen und warnte vor den möglichen Folgen.
Dietmar Meinert
Frank Meyer auf dem DEMO-Kommunalkongress 2025
Im Herbst finden in Nordrhein-Westfalen Kommunalwahlen statt. Welches Angebot die SPD den Wähler*innen machen will, erklärte Krefelds Oberbürgermeister Frank Meyer in der Abschlussrede des DEMO-Kommunalkongresses. Er ist auch Vorsitzender der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik (SGK) in NRW.
Meyer unterstrich die Bedeutung der Kommunalpolitik: „Die ganzen großen Fragen unserer Zeit landen alle in kleinen Portionen auf den Schreibtischen in unseren Rathäusern, in den Sitzungssälen, unserer Stadträte, der Kreistage, der Bezirksvertretung.“
SPD soll Problem der sozialen Schere lösen
Sie SPD mache „Politik für die Leute, die sich anstrengen und den Laden am Laufen halten“.
Egal ob in der Firma oder Verwaltung, oder indem sie sich um Kinder oder Pflegebedürftige kümmern oder ehrenamtlich in Vereinen dafür sorgen, dass die Gesellschaft zusammenhält. Die SPD mache auch Politik „für all diejenigen, die gerne das machen würden, aber aus irgendwelchen Gründen im Moment daran gehindert werden.“
Das konkretisierte Meyer am Beispiel seiner Stadt Krefeld. Dort sei die Gesellschaft „völlig zerfetzt“, viele Menschen seien aufgrund der sozialen Schere abgehängt. „Die Lebenserwartung von Kindern hängt davon ab, wo sie geboren werden. Das kann uns als Sozialdemokraten ja nicht ruhen lassen.“ Die Frage demokratischer, kultureller und sozialer Teilhabe sei ein Riesenproblem in den Kommunen.
Diese Frage werde vor Ort beantwortet. Zum Beispiel durch die Integration von geflüchteten Menschen oder durch Bildung. „Ob Kinder vor Ort gleiche Bildungschancen haben, wird in den Kommunen entschieden: Sind unsere Schulen so gut, dass es am Ende nicht entscheidend ist, ob das Kind aus einem professoralen Haushalt kommt oder aus einer geflüchteten Familie, oder ob das Kind aus einer Familie kommt, wo in den letzten drei Jahren keiner einen Job gehabt hat.“ Auch auf die Kitas komme es dabei an.
Meyer wünscht sich Haltung und warnt vor AfD
Eindringlich warnte Meyer vor der AfD und erzählte aus seiner eigenen Familiengeschichte. Sein Opa sei als junger Vater an die Ostfront geschickt worden, ein Granatsplitter habe dort sein Hirn versehrt. Seinen Beruf konnte er nicht mehr ausüben, musste aber eine Familie mit drei kleinen Kindern durch die Hungerwinter der 1940er Jahre bringen. Und seine aus Breslau stammende Oma sei mit Schwiegermutter und Baby von der Ostfront geflohen, um sich in Krefeld als alleinerziehende Mutter eine neue Perspektive aufzubauen.
Meyer kommentierte: „Ich frage mich wirklich, Opa Richard und Oma Erna, was würden die eigentlich dazu sagen, wenn die mitkriegen müssten, dass in unseren Städten die Trommel der Faschisten wieder schlagen?“
Deshalb brauche man Kommunen mit vielen Menschen, die Haltung haben und sich für die Demokratie einsetzen. Dafür müssten aber auch die Rahmenbedingungen stimmen: „Wenn ihr in den Sprechstunden als Ratsleute immer nur Menschen erklären müsst, warum dieses nicht geht und jenes nicht geht, weil wir die finanziellen Mittel nicht haben, dann wird das mit der Demokratie vor Ort nicht funktionieren.“
Neue Defizite höher als Altschulden
Der Krefelder OB lobte Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) ausdrücklich dafür, dass der Bund den Kommunen ihre Steuerausfälle kompensiert, die durch die Unternehmenssteuerreform verursacht werden. Eine solche Form der Konnexität habe es in den vergangenen Jahren nicht gegeben.
Die zusätzlichen Investitionsmittel, die der Bund mit dem Sondervermögen bereitgestellt hat, sollten aus Meyers Sicht „in den Kommunen ankommen und nicht auf den Konten der Finanzminister der Länder.“ Denn die Kommunen leisteten 78 Prozent der Investitionen.
Die vom Bund versprochene Altschuldenhilfe für Kommunen sei dringend notwendig, unterstrich Meyer. Mit Blick auf die aktuelle finanzielle Schieflage der Kommunen mahnte er zugleich: „Wir müssen auch verhindern, dass die neuen Schulden zu neuen Altschulden werden.“ Krefeld habe ungefähr 350 Millionen Euro Altschulden. Das sei weniger als das strukturelle Defizit der Stadt in den nächsten vier Jahren.
Krefelds Oberbürgermeister Frank Meyer ist auch Gesprächspartner in der ersten Folge des neuen Kommunalpolitik-Podcasts „Polis” von vorwärts-kommunal. Er kann hier angehört werden
Der 20. DEMO-Kommunalkongress (3.–4. Juli 2025) wurde gemeinsam von dem Fachmagazin DEMO und der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik in Nordrhein-Westfalen (SGK NRW) ausgerichtet.
Dirk Bleicker
ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.