DEMO-Kongress: „Diese Landesregierung ist organisierte Kommunalverachtung“
Wofür steht die NRW-SPD und wie kann sie bei der Kommunalwahl am 14. September in Nordrhein-Westfalen erfolgreich sein? Antworten darauf lieferte das Panel zum Auftakt des 20. DEMO-Kommunalkongresses in Duisburg.
Dietmar Meinert/SGK NRW
Jochen Ott, SPD-Fraktionsvorsitzender im NRW-Landtag, spricht zum Auftakt des DEMO-Kommunalkongresses.
Pragmatiker*innen, Anpacker*innen, Macher*innen, die Tatkräftigen, diejenigen, die was tun – so beschreibt Jochen Ott, Fraktionsvorsitzender der SPD im nordrhein-westfälischen Landtag, Kommunalpolitiker*innen. „Ihr kümmert euch um eure Heimat. Das ist wahre Arbeit für die Demokratie im Land“, ruft er ihnen in seiner Rede zum Auftakt des diesjährigen DEMO-Kommunalkongresses in Duisburg. Der Veranstaltungsort ist nicht zufällig gewählt, sondern steht ganz im Zeichen der Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen am 14. September. Deswegen findet der Kongress bei der 20. Auflage erstmals nicht in Berlin statt.
Jochen
Ott
Hendrik Wüst ist der freundliche Herr Tutnix.
Aus Berlin sollen in Kürze jedoch insgesamt 100 Milliarden Euro an Länder und Kommunen für Investitionen in die Infrastruktur durch das dafür geschaffene Sondervermögen des Bundes fließen. „Jetzt können wir endlich das Land reparieren“, sagt Ott und weist auf die maßgebliche Rolle hin, die der nordrhein-westfälische SPD-Landesvorsitzende dafür spielte: „Ohne Achim Post und die NRW-SPD wären die Kommunen gar nicht erwähnt worden.“ Die Mittel müssen nun schnell an die Kommunen weitergegeben werden. Denn mit einem chronischen Haushaltsdefizit verbinde sich immer auch ein Demokratiedefizit.
Ott: NRW als „Land der tausend kaputten Brücken“
Aktuell sei Nordrhein-Westfalen „das Land der tausend kaputten Brücken, der maroden Schulen und der überforderten Justiz“, sagt Ott und schreibt die Schuld dafür vor allem der schwarz-grünen Landesregierung zu: „Hendrik Wüst ist der freundliche Herr Tutnix.“ Der Ministerpräsident habe jedoch keinen Willen, keine Energie und keine Leidenschaft. Deswegen werde es immer wichtiger, dass das Land der Arbeit wieder von der Partei der Arbeit regiert werde.
Frederick
Cordes
Wir müssen die Regierung im Wartestand und ins Gewinnen verliebt sein.
Den Sozialdemokraten und Kommunikationsberater Erik Flügge überzeugt das: „Grandiose Rede! Halte sie bitte öfter!“ Flügge kritisiert, dass Wüst „bei null Leistungsbilanz“ über den Klee gelobt werde, und fügt an: „Diese Landesregierung ist organisierte Kommunalverachtung. Unsere Leute arbeiten richtig hart, um unter diesen Rahmenbedingungen nicht abzusaufen.“ Daher appelliert er: „Wir haben einen gemeinsamen Job als NRW-SPD: endlich Kratzer in den Lack von Hendrik Wüst zu bekommen.“
Cordes: Aus dem Tiefpunkt den Wendepunkt machen
Frederick Cordes, Generalsekretär der NRW-SPD, sitzt mit Flügge zusammen auf dem Podium. Er sagt mit Blick auf die jüngsten landesweiten Meinungsumfragen, die die Sozialdemokratie mit 16 Prozent auswies: „Um aus einem Tiefpunkt einen Wendepunkt zu machen, sind wir auf dem richtigen Weg. Wir müssen die Regierung im Wartestand und ins Gewinnen verliebt sein.“
Andrea
Henze
Gelsenkirchen ist unfassbar schön.
Eine, die das trotz schwieriger Rahmenbedingungen verkörpert, ist Andrea Henze, SPD-Oberbürgermeisterkandidatin in Gelsenkirchen. Bei entsprechenden Rankings rangiert die Stadt im Ruhrgebiet regelmäßig auf einem der hinteren Plätze, bei der Bundestagswahl wurde die AfD hier stärkste Partei und der örtliche Fußballverein spielt nun schon seit geraumer Zeit nur noch in der zweiten Liga. Deswegen stellt Henze klar: „Gelsenkirchen ist unfassbar schön.“ Die Stadt stehe zu Unrecht oft ganz weit unten.
Ein „Aufstiegsplant für Gelsenkirchen
Deswegen hat sie einen dreistufigen „Aufstiegsplan“ entwickelt, der im Zentrum ihres Wahlkampfes steht. Sie ist überzeugt: „Aufstieg ist eine Gemeinschaftsaufgabe.“ Zunächst gelte es, mit Ordnung, Sauberkeit und Sicherheit die Basis zu schaffen. Darauf aufbauend will sie Bildung, Arbeit und Wirtschaft stärken und schließlich bilden Marketing und eine gute Außenwirkung die dritte Stufe. Dieser Plan verfange bei den Menschen. Inzwischen werde sie schon mit „Ah, da ist die Aufsteigerin!“ angesprochen.
Cordes ist überzeugt und verspricht Unterstützung: „Hut ab vor deinem Kampf im Schützengraben gegen die AfD! Wir stehen fest an deiner Seite und lassen nicht zu, dass Gelsenkirchen fällt.“ Dieser Zusammenhalt, dieses Gefühl für Gemeinsinn, präge die NRW-SPD, sind sich alle Podiumsteilnehmer*innen einig. „NRW ist für mich das Zuhause der SPD. Hier wird Aufstieg gemacht. Das ist die Geschichte meiner Familie“, sagt auch Sabrina Proschmann, Co-Vorsitzende der SPD-Stadtratsfraktion in Düsseldorf.
Wahlkampf in Düsseldorf mit Herzblut und gutem Schuhwerk
Mit Blick auf ihre politische Arbeit im Stadtrat sagt sie: „Wir leiden auch in Düsseldorf unter CDU und Grünen. Deswegen warte ich darauf, dass wir bald wieder einen roten Oberbürgermeister haben.“ Für einen Erfolg bei der Kommunalwahl im September brauche die SPD aus ihrer Sicht die richtigen Themen, Herzblut und gutes Schuhwerk. Zudem sei vor allem eines wichtig: „Man überzeugt die Menschen nur, wenn man auch selbst Bock auf eine bessere Zukunft hat.“
DIRK BLEICKER
ist Redakteur des vorwärts im Berliner Vorwärts Verlag. Er hat Politikwissenschaft studiert.