Bauminister: Strenge Normen und Standards auf dem Prüfstand
Weg von allzu strengen Normen – hin zu einem günstigeren Wohnungsbau. Darauf haben sich die Bauminister*innen in ihrer 145. Konferenz in Passau verständigt. Sie betonten Einigkeit – Streit gab es aber um das Wohngeld.
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In den Bundesländern sind die Wartezeiten bis zur Bewilligung eines Wohngeld-Antrags unterschiedlich lang. Über das Thema Wohngeld – hier ein Symboldbild – diskutierte kürzlich die Bauministerkonferenz.
Bayerns Bauminister Christian Bernreiter (CSU) hatte den Vorsitz und machte gleich zu Beginn der Pressekonferenz am verangenen Freitag keinen Hehl daraus, dass er nicht nur als Fachminister des Freistaats hinterm Pult stehe. Er kritisierte den Entwurf zur Novelle des Baugesetzbuches. Es seien 86 Änderungsanträge eingegangen, die alle zeitaufwändig abgearbeitet werden müssten. Dazu sagte er: „Da muss ich auch politisch werden. Ich habe immer gesagt, Bauturbo sehen wir als Unionsländer nicht. Das wird uns sicher noch eine ganze Zeit beschäftigen.“
Bernreiter betonte, im zweitägigen Treffen habe „ein großer Konsens geherrscht, Wohnen und Bauen nach vorne zu bringen.“ Allerdings sieht er unterschiedlichen Standpunkte zwischen der Union und SPD, insbesondere beim Wohngeld. Die Bundesregierung sei nicht bereit nachzubessern, behauptete er: „Wir haben leider zu Kenntnis genommen, dass die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode zu keiner Vereinfachung mehr kommen will.“
Streit um Wartezeiten bei Wohngeld-Verfahren
Mit der Folge, dass laut Bernreiter in München Wohngeld-Berechtigte „wegen des großen Rückstaus“ ein Jahr und länger auf ihren Bescheid warten müssten. Daran sei die Bürokratie schuld, gab er sich überzeugt. Karen Pein (SPD), Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen der Freien und Hansestadt Hamburg hielt dagegen: „Ich verstehe die Dramatik nicht.“ In der Hansestadt erfolge eine Genehmigung normalerweise in 16 Wochen, sei der Antrag gleich beim Einreichen vollständig, komme diese schon „nach wenigen Tagen“. Die Aussage ein Jahr Wartezeit sei jedenfalls „nicht allgemeingültig“.
Rolf Bösinger (SPD), Staatssekretär im Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, verwies darauf, dass die Wohngeld-Reform keine zwei Jahre zurückliege. Man müsse erst eine Evaluierung abwarten, bevor man die nächste Reform einleite.
Klimagerecht, aber günstig bauen
Einig waren sich die Konferenzteilnehmenden, dass bei Normen und Standards Abstriche gemacht werden müssten, um Bauen – vor allem im sozialen Wohnungsbau – kostengünstiger zu machen. Eine Klimabilanz müsse in Zukunft ganzheitlich erstellt werden, nicht nur auf einzelne Komponenten bezogen. Wie das Abweichen von Normen rechtssicher werde, dazu habe es „wegweisende Beschlüsse“ gegeben, betonte Pein.
Das Ziel, bis 2045 klimaneutral zu werden, werde dabei nicht aus den Augen verloren. Die neue Art klimagerecht und trotzdem günstig zu bauen, werde vom Bund mit einem neuen Förderprogramm unterstützt, kündigte Staatssekretär Bösinger an. Es heißt „Klimafreundlicher Neubau im Niedrigpreis-Segment“. Bis zu 150.000 Wohneinheiten könnten damit bis Ende 2025 voraussichtlich gefördert werden. Mit dem Anspruch beschleunigter Bauvorhaben geht auch der Gebäudetyp E einher. Dieser erlaube Bauherrinnen und Bauherren mehr Freiheit und Flexibilität, so Bösinger. „Neun Länder haben das bereits umgesetzt, wofür ich den Ländern danke.“
Nachverhandlungen wegen EU-Verordnung
Eine Gefährderin ihrer Pläne zum beschleunigten Wohnungsbau sahen die Bauminister*innen in der Europäischen Union. Die geplante „EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur“ könne sich kontraproduktiv auswirken, stellten sie fest. Die EU-Verordnung dürfe nicht dem Bauland-Mobilisierungsgesetz der Bundesrepublik Deutschland zuwiderlaufen. Ina Scharrenbach (CDU), Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen, sagte: „Die EU darf mit ihrem Einfluss den Wohnungsbau nicht erschweren.“ Mit der EU-Kommission müsse nachverhandelt werden.
Die Teilnehmenden der Konferenz stellten in ihrer Abschlusserklärung klar: „Die Europäische Union hat keine Zuständigkeit für den Wohnungsbau und die Wohnraumförderung. Es gilt jetzt, den neuen EU-Kommissar im Bereich Wohnen für die Anliegen der für die Wohnraumförderung zuständigen Länder zu sensibilisieren.“
ist freier Journalist. Er ist Mitglied im Verein Deutsches Institut für Normung und dort im Redaktionskreis für eine DIN Einfache Sprache. Webseite: leichtgesagt.eu