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Bibliotheken: Warum sie inzwischen viel mehr als nur Bücher bieten

Bibliotheken spielen eine wichtige Rolle für die demokratische Infrastruktur. Doch sie sehen sich zunehmend bedroht, durch fehlende finanzielle Mittel und Angriffe von rechts. Darum und über weitere Herausforderungen geht es beim Deutschen Bibliothekskongress. 

von Karin Billanitsch · 25. Juni 2025
Innenraum mit Bücherregalten in der Stadtbibliothek Stuttgart

Sie zählt zu den modernsten Bibliotheken in Deutschland: die Stadtbibliothek Stuttgart. Fachleute aus ganz Deutschland treffen sich in Bremen auf dem Bibliothekskongress 2025. 

Die Zeiten, in denen Bibliotheken nur Orte waren, in denen Bücher, Zeitschriften oder andere Medien zur Ausleihe bereit gehalten wurden, sind vorbei. Heute beherbergen sie eine „Gaming-Lounge“, einen „Maker-Space“ oder ein Podcaststudio, offene Gruppenräume, Kreativwerkstätten und bieten Weiterbildungen und verschiedenste Veranstaltungen an. 

Moderne Bibliotheken als lebendige Treffpunkte

„Bibliotheken sind heute lebendige Treffpunkte, die „Integration und Teilhabe ermöglichen, Räume für Forschung und Kreativität schaffen und lebenslanges Lernen fördern“, betonen die Veranstalter*innen des Bibliothekskongresses 2025, der am Dienstag in Bremen begonnen hat und noch bis zum 27. Juni dauert. Erwartet werden rund 3.000 Fachleute. Gastgeber ist Bibliothek & Information Deutschland (BID), unterstützt vom Deutschen Bibliotheksverband (dbv). 

Herausforderungen gibt es viele: Zahlreiche Bibliotheken sind, so die Veranstalter*innen, in Gebäuden untergebracht, die „den Anforderungen an moderne, flexible Raumkonzepte nicht gerecht werden“, wie es in einer Mitteilung heißt. Auch Themen wie Umgang mit Künstlicher Intelligenz oder die digitale Transformation spielen eine zunehmende Rolle in der modernen Bibliotheksarbeit.

Dazu kämen begrenzte finanzielle und personelle Ressourcen, die insbesondere im ländlichen Raum mehr Angebote und längere Öffnungszeiten erschwerten, wie es hieß. Die angespannte Haushaltslage in den Kommunen macht sich hier offenbar bemerkbar: Nach einer Umfrage des dbv im Jahr 2024 berichten 20 Prozent aller teilnehmenden Bibliotheken über Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen, bei 8,7 Prozent werden sie geplant. Um ausreichend Fachkräfte, darunter auch Quereinsteiger zu gewinnen, gibt es das Jobportal „meinjob-bibliothek.de“, ein Gemeinschaftsprojekt der Fachverbände.  

Der Kongress rückt mit dem Motto „#BibliothekenEntschlossenDemokratisch“ die Bibliotheken als „Orte der Information, Demokratiebildung und des sozialen Zusammenhalts“ in den Mittelpunkt, so die Veranstalter*innen. „Bibliotheken sind nicht nur Hüterinnen des Wissens, sondern Wegbereiterinnen einer offenen, demokratischen Zukunft“, sagte Björn Fecker, Bürgermeister und Senator für Finanzen der Freien Hansestadt Bremen im Vorfeld. 

bdv-Vorsitzende Theise: „Bibliotheken sind demokratische Infrastruktur“

Für Anke Theise, Bundesvorsitzende des deutschen Bibliotheksverbandes (dbv), ist Demokratiearbeit ein wichtiges Stichwort: Sie sieht Bibliotheken als „demokratische Infrastruktur“ an. „Sie sind Orte für gelebte Demokratie für alle Menschen.“ Gerade in Zeiten von Desinformation und gesellschaftlicher Polarisierung seien Bibliotheken Garanten für Meinungsfreiheit und gesellschaftlichen Zusammenhalt. „Sie geben Orientierung durch verlässliches Wissen“, sagte Theise. Deshalb brauchten Bibliotheken stabile politische Rahmenbedingungen, um frei unabhängig und vielfältig arbeiten zu können, betonte die Bundesvorsitzende. 

Dass dies nicht selbstverständlich ist zeigt ein Blick in die USA, wo vor etwa einem Monat Carla Hayden, die Direktorin der Library of  Congress von US-Präsident Donald Trump entlassen wurde. Dazu hatte Heise in einer Pressemitteilung angemerkt: „Bereits seit Jahren sehen wir mit Sorge, dass in den USA nicht nur immer häufiger Einfluss auf den Bestand von Bibliotheken genommen, sondern die freie bibliothekarische Arbeit durch Kürzungen und Entlassungen massiv eingeschränkt wird.“ Der dbv hat sich international mit der American Library Association (ALA) und der International Federation of Library Associations and Institutions (IFLA) zusammengetan, um Bibliotheken als unabhängige Institutionen zu stärken. 

Bibliotheken zeigen Haltung

Theise zeigte sich auch mit Blick auf Deutschland besorgt: Es gebe immer häufiger Veranstaltungen, die gestört würden und Ziel von Kampagnen seien. Als ein Beispiel macht sie auf eine Drag-Lesung für Kinder in der Münchner Stadtbibliothek vor zwei Jahren aufmerksam, gegen die die AfD und andere Bürger*innen aus der Querdenker-Szene protestierten. 

Sie betonte mit Blick auf das Motto, es gehe auch darum, die Haltung der Bibliotheken zur Demokratie zu verdeutlichen. Veranstaltungen mit queeren oder migrantischen Teilnehmenden oder zum Thema Klimawandel gehörten zur Bandbreite des Angebots. Viele Bibliotheken haben auch Konzepte für demokratiestärkende Maßnahmen erarbeitet, Projekte zur Demokratieförderung werden auf dem Kongress beispielhaft vorgestellt. 

Dass die gesellschaftliche Polarisierung auch in den Bibliotheken angekommen ist, spiegelt sich auch in der Arbeit des Bundesverbands Mobile Beratung wider. Von August 2023 stammt die „Neue Handreichung zum Umgang mit dem Kulturkampf von rechts in Bibliotheken“, die im Internet heruntergeladen werden kann. 

Autor*in
Karin Billanitsch

ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.

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