Dachausbau in Hamburg: Vorbildlich aufgestockt
Dachausbauten: Sie schaffen neuen Wohnraum, ohne weitere Flächen zu versiegeln. Hamburg hat deshalb die Aufstockung von bestehenden Gebäuden erleichtert und zeichnet besonders gelungene Projekte aus.
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Dachausbau kann eine Lösung sein, um Wohnungen zu bauen, ohne Flächen zusätzlich zu versiegeln. Hamburg, hier ein Luftbild der Innenstadt, macht es vor.
Die Hamburger Behörde für Stadtentwicklung rückt das Thema Aufstockung und Dachnutzung stärker ins Bewusstsein. Dazu hat sie den Preis „NEU geDACHt - Hamburger Preis für gelungene Dachaufstockungen 2024“ ausgeschrieben. Er zeichnet gebaute oder geplante Aufstockungen und Dachnutzungen im Bestand aus, die als beispielhaft im Hinblick auf die Nutzung, Qualität und Gestaltung gelten können.
Der Preis wurde in diesem Jahr zum ersten Mal verliehen und geht an ein Gebäude im Stadtteil Eimsbüttel. „Mit ‚NEU geDACHt‘ zeichnen wir vorbildliche Dachaufstockungen in Hamburg aus, die zeigen, wie Hamburg auch in urbanen Stadtteilen weiteren Wohnraum schaffen kann“, sagte die Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen Karen Pein bei der Preisverleihung im September.
Karen Pein
„Mit ‚NEU geDACHt‘ zeichnen wir vorbildliche Dachaufstockungen in Hamburg aus, die zeigen, wie Hamburg auch in urbanen Stadtteilen weiteren Wohnraum schaffen kann."
Das Ensemble mit dem preisgekrönten Dachausbau stammt aus dem Jahr 1908. Es wurde von der Konsumgenossenschaft „Produktion“ gebaut und ist eine typische Hamburger Burg. So heißen die hufeisenförmigen mehrstöckigen Bauten der Hansestadt. Ihr von drei Seiten umschlossener Hof ist zur Straße hin geöffnet. Der Gebäudetyp wurde um die Jahrhundertwende von vielen Wohnungsbaugenossenschaften bevorzugt.
Weil das Haus in der Methfesselstraße unter Denkmalschutz steht, waren die Auflagen für eine Aufstockung besonders hoch. Allerdings war es im Zweiten Weltkrieg teilweise zerstört worden. In den 1950er Jahren erhielt es dann ein Flachdach, statt seines ehemals opulenten Dachstuhls. Aufgestockt wurde das Gebäude mit einem echten Dach aus schwarzen Titanzink-Schindeln, die an die ursprüngliche Dacheindeckung aus Schiefer erinnern. Auf diese Weise wurden 23 neue Wohnungen geschaffen. Für die gelungene die kluge Verbindung von Alt und Neu herhielt das Büro Trutz von Stuckrad Penner Architekten ein Preisgeld von 7500 Euro. Vier weitere Architekturbüros wurden mit einer lobenden Anerkennung und einem Preisgeld von jeweils 1500 Euro ausgezeichnet.
Änderung der Bauordnung
Ermöglicht wurden die Dachausbauten dank der 2018 von der Hamburger Bürgerschaft beschlossenen Änderung der Hamburgische Bauordnung. Sie gibt Anreize, den Dachausbau und die Aufstockung bestehender Gebäude voranzubringen, und so den Wohnungsbestand zu verdichten. Die Stadt geht damit neue Wege, denn die Grundstücke für den Wohnungsbau werden immer knapper. Dachaufstockungen und der Ausbau von Dachgeschossen, einhergehend mit Dachnutzungen, insbesondere im Geschosswohnungsbau, bieten in diesem Zusammenhang ein großes Potenzial, ohne zusätzliche Freiflächen für die Bebauung in Anspruch zu nehmen.
Ein großes Hindernis beim Dachausbau war die Pflicht zum Einbau von Aufzügen ab einer Gebäudehöhe von 13 Metern über der Geländeoberfläche. Der nachträgliche Einbau eines Fahrstuhles ist mit großem Aufwand verbunden, sodass Dachausbauten oftmals daran scheitern. Mit der Änderung der Bauordnung ist diese Pflicht entfallen, wenn mit einer Aufstockung zusätzlicher Wohnraum geschaffen werden. Diese Privilegierung gilt auch für bestehende Gebäude mit vorhandenen Aufzügen. Sie müssen dann bei einer Aufstockung nicht höher geführt werden.
Einfacheres Genehmigungsverfahren
Vereinfacht wurde auch das Genehmigungsverfahren. Ein Abweichungsantrag mit einzelfallbezogener Begründung, die Ermessensentscheidung der Bauaufsichtsbehörde und die damit verbundene Verwaltungsgebühr entfallen. Dieses gibt den Verfasserinnen und Verfassern der Entwürfe Planungssicherheit, entlastet Antragstellerinnen und Antragssteller und wirkt beschleunigend auf das Baugenehmigungsverfahren. Auf weitere Anforderungen kann im Einzelfall ebenfalls verzichtet werden. Dazu gehören beispielsweise Vorschriften zur lichten Raumhöhe oder der Verzicht auf zusätzliche Kinderspielflächen. Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland etwa 2,7 Millionen zusätzliche Wohnungen durch Dachaufstockungen gebaut werden können, so die Behörde für Stadtentwicklung.
Der Preis für gelungene Dachaufstockungen richtet sich an Architektinnen und Architekten, die Bauherren oder Eigentümerinnen und Eigentümer. Er gilt für Objekte, die innerhalb der letzten zehn Jahre in Hamburg fertiggestellt wurden oder aktuell in Planung sind und für die ein Bauvorbescheid oder eine Baugenehmigung vorliegt. Die eingereichten Objekte sollen mindestens eine Wohneinheit umfassen. Die gebauten oder geplanten Dachaufstockungen und Dachgeschossausbauten können auf unterschiedlichen Gebäudetypen stattfinden oder geplant sein wie Wohngebäude, Gewerbe-/Bürogebäude und Parkhäuser.