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Geld für den Umbau: Wie der Bund Klimaanpassung vor Ort unterstützt

Der Bund fördert die Klimaanpassung in den Kommunen mit Millionenbeträgen. Dort weiß man die Mittel sinnvoll zu verwenden. Beispiele aus Wiesbaden, Esslingen und Bad Schussenried zeigen es.
 

von Uwe Roth · 15. Januar 2025
Zwei Männer halten Plakat mit Plänen in die Kamera

Bad Schussenrieds Bürgermeister Achim Deinet und der SPD-Bundestagsabgeordnete Martin Gerster zeigen, was die Stadt mit der Unterstützung des Bundes plant.

Seit vier Jahren fördert der Bund die Anpassung urbaner und ländlicher Räume an den Klimawandel. Das Programm aus dem Bauministerium von Klara Geywitz (SPD) hat schon mehr als 400 Kommunen erreicht. Bisher sind mehr als eine halbe Milliarde Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds an Städte und Gemeinden geflossen, um sie resistent gegen den Klimawandel zu machen – zumindest ein wenig. Das Programm ist vergleichsweise flexibel gestaltet. Kommunen, die mit ihrem Antrag Erfolg haben wollen, müssen eine „hohe Wirksamkeit für den Klimaschutz“ nachweisen. Außerdem sollen sich die Vorhaben durch „hohe fachliche Qualität“ und Innovationspotenzial auszeichnen. Gelingt der Nachweis, kommen auch Projekte mit „überdurchschnittlichem Investitionsvolumen“ in die Auswahl. Wer den Zuschlag erhält, entscheidet der Haushaltsausschuss des Bundestags. 

Zu den ausgewählten Projekten gehören überschaubare Vorhaben, bespielsweise der Bahnhofsvorplatz der Landeshauptstadt Wiesbaden. An heißen Tagen wird die schattenfreie Fläche zur Hitzefalle, wie die städtische Klima-Analyse ergeben hat. Nun ließ Oberbürgermeister Gerd-Uwe Mende (SPD) für 108.000 Euro „Bäume in die Wüste“ pflanzen, wie das Umweltamt seinen Förderantrag betitelt hat. Zwei widerstandsfähige Bäume machen seit Oktober den Bahnhofsvorplatz grüner. Sie geben Schatten, fördern Bio-Diversität und verbessern die Aufenthaltsqualität.

Grünflächen statt Hitzeinseln 

Von größerer Dimension ist der Förderantrag der Stadt Esslingen am Neckar. Die Tallage am Fluss hat der 96.000-Einwohner-Stadt in der Geschichte wirtschaftlich einige Vorteile gebracht. Entlang des Neckar sind bedeutende Gewerbe- und Industriegebiete entstanden. Mit zunehmender Erderwärmung werden die versiegelten Flächen an heißen Sommertagen immer öfter zum aufenthaltsfeindlichen Brutofen. Die Stadt versucht seit Jahren, dort mehr kühlendes Grün wachsen zu lassen. 

Dafür wurde nun Fördergeld zugesagt. Laut Oberbürgermeister Matthias Klopfer (SPD) würden die Bundesmittel „die einmalige Chance eröffnen, diese punktuell durchgeführten Maßnahmen flächendeckend und beschleunigt in den vom Hitzeinseleffekt besonders betroffenen Tallagen umzusetzen.“ Dabei würden alle relevanten Aspekte einer klimaangepassten Stadtentwicklung bedient: „Zum einen erhöhen wir die Qualität unserer bereits bestehenden Grünanlagen, Schulen und Spielplätze. Zum anderen schaffen wir attraktive Erholungsflächen und kühlen während sommerlicher Hitze­perioden die Luft in den Quartieren ab.“ Oberbürgermeister Klopfer erwartet aus dem Bundesprogramm einen Zuschuss in Höhe von 2,25 Millionen Euro.  

Flussbett wird ans Tageslicht geholt

100 Kilometer südlich befindet sich Bad ­Schussenried. Die Stadt in Oberschwaben hat ein Zehntel der Einwohnerschaft von Esslingen, liegt aber mit einem Förderbetrag von sechs Millionen Euro für ein 8,2 Millionen Euro teures Renaturierungsprojekt weit an der Spitze der aktuellen Projektauswahl. Das ist beachtlich bei einem Haushaltsvolumen von rund 20 Millionen Euro. Klimatisches Sorgenkind ist der namensgebende Fluss: die Schussen. Sie liegt seit den 1980er Jahren auf Stadtgebiet überdeckt im Untergrund und zeigt sich bei Starkregenfällen zunehmend überfordert. Im Juni des Jahres stand das Hochwasser bei 4,86 Meter, ein historischer Höchststand. Zu diesem Zeitpunkt lag der Projektantrag bereits seit einem Jahr in Berlin. Auf 600 Meter soll mit dem Geld aus dem Bundeshaushalt das Flussbett ans Tageslicht geholt werden. Ein nicht mehr benötigter Bahndamm soll abgebaut und in die Flusslandschaft integriert werden, um die Regenmengen besser auffangen zu können. Fuß- und Radwege sollen hinzukommen. Positiver Nebeneffekt der Offenlegung: Als einer der ersten Wasserläufe in ­Baden-Württemberg wäre die Schussen von der Quelle bis zur Mündung in den Bodensee durchgängig für Fische und andere Lebewesen passierbar. 

Bürgermeister Achim Deinet (parteilos) lobt das Engagement des SPD-Bundestagsabgeordneten seines Landkreises Biberach Martin Gerster. Er ist Mitglied im Haushaltsausschuss und erfahrener Ratgeber beim Ausfüllen von Förderanträgen. Viele Bürgermeister aus seinem Wahlkreis und darüber hinaus erhoffen sich von ihm Tipps bei der Suche nach Förderprogrammen. Eine gute Idee allein reicht für einen positiven Förderbescheid nicht, betont der Abgeordnete. „Ein Antrag muss sorgfältig ausgearbeitet sein und die zum ausgeschriebenen Förderprogramm richtigen Schlüsselaussagen enthalten.“ Der Verwaltung von Bad Schussenried sei dies sehr gut gelungen. Gerster ist überzeugt, dass die Bundesmittel gut investiert sein werden: „Die Renaturierung dient nicht allein dem Schutz vor Hochwasser, sondern erhöht die Lebensqualität der Menschen deutlich.“

 

Dieser Text wurde zuerst in der Ausgabe Dezember 2024 von „vorwärts-kommunal” veröffentlicht.

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Autor*in
Uwe Roth

ist freier Journalist. Er ist Mitglied im Verein Deutsches Institut für Normung und dort im Redaktionskreis für eine DIN Einfache Sprache. Webseite: leichtgesagt.eu

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