Tarifabschluss: Streiks an kommunalen Krankenhäusern abgewendet
Die Tarifparteien haben sich auf einen Abschluss für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern geeinigt. In der Folge wurden die angekündigten Warnstreiks vorerst abgesagt.
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Die Entgelte für Ärzte und Ärztinnen an kommunalen Krankenhäusern sollen stufenweise angehoben werden. Hier das Klinikum Chemnitz, das größte kommunale Krankenhaus in Ostdeutschland.
„Das Sondierungsergebnis ist ein substanzieller Fortschritt gegenüber dem bisherigen Verhandlungsstand“, sagte die 1. Vorsitzende des Marburger Bundes, Susanne Johna, nach einem kurzfristig angesetzten Sondierungsgespräch im Rahmen der Tarifverhandlungen. Die Initiative für die jüngsten Sondierungen sei von der Arbeitgeberseite ausgegangen, hieß es in einer Pressemittteilung der Gewerkschaft.
Ergebnisse des Tarifabschlusses
Wie der Marburger Bund mitteilte, werden die Gehälter der Ärztinnen und Ärzte rückwirkend zum 1. Juli 2024 um vier Prozent steigen. Außerdem solle eine zweite Erhöhung folgen: um zwei Prozent ab 1. August 2025. Eine dritte Erhöhungsstufe um zwei Prozent soll ab dem 1. Juni 2026 gelten. Auch die Entgelte für Bereitschaftsdienste und Zuschläge im Rettungsdienst sowie die kindergeldbezogenen Entgeltbestandteile erhöhten sich entsprechend, hieß es seitens der Ärztegewerkschaft.
Dirk Köcher, Verhandlungsführer der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und Kaufmännischer Direktor des Städtischen Klinikums Dresden, nannte das erzielte Ergebnis einen „Durchbruch“ und ein „ausgeglichenes Gesamtpaket“. Es trage sowohl den berechtigten Interessen der Ärztinnen und Ärzte als auch der schwierigen wirtschaftlichen Situation der kommunalen Krankenhäuser Rechnung. Die Laufzeit von 30 Monaten gebe allen Beteiligten ferner eine hohe Handlungssicherheit.
Verbesserungen bei Nacht- und Schichtarbeit
Köcher erläuterte laut einer Pressemitteilung des VKA außerdem, dass bei den Verhandlungen „ein besonderer Schwerpunkt auf der Aufwertung der Nacht- und Schichtarbeit“ gelegen habe. Der Marburger Bund hatte nach eigener Aussage auf eine Reform gehofft. Das vorliegende Ergebnis sei zwar noch nicht der erhoffte Systemwechsel, aber es gebe im Vergleich zum ersten Angebot der Arbeitgeber aus November eine Reihe von Verbesserungen.
So soll der Nachtzuschlag von 15 auf 20 Prozent erhöht werden, der Zeitraum für Nachtzuschläge soll ausgedehnt werden. Die Zulagen für Schichtarbeit und Wechselschichtarbeit sollen auf 315 Euro monatlich angehoben werden. „Aus meiner Sicht ist immerhin ein Einstieg in die Neubewertung der Schicht- und Wechselschichtdienste gelungen“, kommentierte Johna. Das Sondierungsergebnis soll nun den Mitgliedern des Marburger Bundes zur Urabstimmung vorgelegt werden, kündigte die 1. Vorsitzende an. Die Vorbereitungen für einen Arbeitskampf sind vorerst bist Mitte Februar ausgesetzt, wie die Gewerkschaft weiter mitteilte.
Schwieriges wirtschaftliches Umfeld
Die Verhandlungen fanden in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld statt. Die Krankenhauslandschaft soll reformiert werden, viele Kliniken fürchten eine Insolvenz. Die kürzlich beschlossene Reform sieht vor, dass die Kliniken finanziell besser gestellt werden, unter anderem, indem sie sich in Zukunft stärker spezialisieren. Ein Kernpunkt dabei ist, dass eine Umstellung vom bisherigen System der Fallpauschalen auf eine Vorhaltevergütung für das bloße Vorhalten von Leistungen erfolgen soll.
Durch den anstehenden Reformprozess gibt es bei den Beteiligten auch eine große Planungsunsicherheit – die der Gesetzgeber berücksichtigt hat. In dem neuen Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) wurde die Refinanzierung von Tariflohnsteigerungen verankert. Der Marburger Bund hatte das im November 2024 als „großen Fortschritt“ gewertet, „der den Krankenhäusern mehr finanziellen Spielraum für wertschätzende Tarifabschlüsse eröffnet“.
Ralf Bauer
ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.