Kommunen gegen Krieg
Weltweit setzen sich Bürgermeister gemeinsam für Frieden und Abrüstung ein. Die „Mayors for Peace” sind auch in Deutschland sehr aktiv.
Landeshauptstadt Hannover
Die „Mayors for Peace”-Fahne weht vor dem Rathaus Hannover.
Traditionell steht die Weihnachtszeit für den Wunsch nach Frieden und Versöhnung. Doch zuletzt wurden ganz andere Signale gesendet, etwa im Ukraine-Krieg. Der Aggressor Präsident Wladimir Putin versetzt weltweit viele Menschen in Angst und Schrecken. In den 1970er und -80er Jahre war die Bedrohungslage ähnlich. Der Kalte Krieg drohte angesichts von immer mehr atomaren Langstrecken-Raketen zu eskalieren.
Friedensarbeit als Prävention
1982 startete ein Bürgermeister eine Friedensinitiative in der Stadt, deren Menschen 1945 eine atomare Katastrophe durchlitten hatten: Hiroshima in Japan. Von Takeshi Araki kam die Botschaft in die Welt, Bürgermeister dürften nicht nur die obersten Katastrophenhelfer ihrer Stadt sein. Sie müssten sich ebenso für den Frieden einsetzen, damit sich ein solcher Bombenabwurf wie in Hiroshima, der 136.000 Menschen getötet hatte, nicht wiederholt.
„Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sind für die Sicherheit und das Leben ihrer Bürgerinnen und Bürger verantwortlich“, war Takeshi Araki überzeugt. Er nannte sein internationales Netzwerk „Programm zur Förderung der Solidarität der Städte mit dem Ziel der vollständigen Abschaffung von Atomwaffen“. Heute heißt die Organisation „Mayors for Peace” – Bürgermeister für den Frieden. Seit 1991 ist sie eine von der UN anerkannte Nichtregierungsorganisation. Mehr als 8.400 Städte und Gemeinden sind Mitglied. Diese verteilen sich auf 166 Länder und Regionen.
Auf Wachstum angelegt
Gemeinsames Erkennungszeichen ist die Flagge: Auf weißem Grund liegt ein grüner Kreis mit einer stilisierten weißen Taube, in der steht mit grüner Schrift „Peace“, also Frieden. Am 8. Juli jeden Jahres hängt sie laut gemeinsamem Beschlusses vor den Rathäusern.
„Mayors for Peace” ist auf Wachstum angelegt. Das Sekretariat ist nach wie vor in Hiroshima. Auf der Internetseite mayorsforpeace.org peilt man die Marke von 10.000 Mitgliedskommunen an. Nach dem Angriff auf die Ukraine kamen in kurzer Zeit mehr als 100 Kommunen hinzu.
Deutschland trägt viel zum Wachstum bei: 902 Mitglieder sind es aktuell (Stand November). Seit einigen Wochen ist die 13.000-Einwohner-Stadt Hessisch Lichtenau dabei. Die Idee zur Mitgliedschaft kam Bürgermeister Dirk Oetzel (SPD) bei einem Besuch in München: „Dort fiel mir die Fahne der ‚Mayors for Peace’ ins Auge.“ Er sagte sich: „Auch kleine Städte und Gemeinden haben eine wichtige Stimme – und diese Stimme möchte ich mit unserem Beitritt verstärken.“ Die Organisation sei in einer Zeit, in der wieder mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht werde, „ein wichtiges Zeichen für internationalen Zusammenhalt und die Verständigung über sprachliche Barrieren hinweg“.
Dezentrale Strukturen
Dreh- und Angelpunkt für Deutschland ist die Stadt Hannover. Dort hält Thomas Hermann die Fäden in der Hand. Er ist Bürgermeister und Mitglied der SPD-Fraktion im Rat. „Einen eigentlichen Vorstand gibt es im Bündnis nicht“, betont er. Auch eine zentrale Öffentlichkeitsarbeit gibt es nicht. Jede Mitgliedskommune plane selbst nach eigenem Engagement und den zur Verfügung stehenden Ressourcen. Hermann hat im Stab des Oberbürgermeisters zwei Kräfte, die auch noch andere Aufgaben haben. Größere Städte haben Abteilungen für internationale Aktivitäten, die das Netzwerken betreiben. Thomas Hermann nahm Ende Oktober an der 13. Exekutivkonferenz im britischen Manchester teil.
Herausfordernd sei, gemeinsame Resolutionen zu verabschieden, sagt er und fügt hinzu: „Eine gemeinsame Haltung zu finden, ist schwieriger geworden.“ Nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine sei dies noch problemlos gewesen. Die Solidarität mit der Ukraine sei hoch – bis heute. Bei der Frage einer Stationierung neuer US-Mittelstreckenraketen in Europa seien die Meinungen allerdings weit auseinandergegangen.
Auf eine Resolution gegen Israel wegen des Angriffs auf die Hamas im Gaza-Streifen haben die „Mayors for Peace” am Ende verzichtet, „um nicht Israel einseitig an den Pranger zu stellen“, so Hermann. Die deutschen Bürgermeister suchten gemeinsame Standpunkte, die sie gegenüber dem Bund vertreten. „Es passiert viel“, bilanziert Hermann. 2024 habe jedoch gezeigt, dass die „Mayors” einen langen Atem brauchten, bis die Atomraketen tatsächlich von der Erde verschwunden seien.
ist freier Journalist. Er ist Mitglied im Verein Deutsches Institut für Normung und dort im Redaktionskreis für eine DIN Einfache Sprache. Webseite: leichtgesagt.eu