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Innovationslokomotive Brandis

Die sächsische Kleinstadt hat sich zu einem Labor für Verwaltungsdigitalisierung und Bürgernähe entwickelt.
 

von Harald Lachmann · 23. Dezember 2024
Bürgermeister von Brandis, Arno Jesse

Kooperation mit sechs Nachbargemeinden: Brandis Bürgermeister Arno Jesse pusht die Region ­innovativ.

Als Arno Jesse (SPD) 2013 auf Anhieb mit 64,24 Prozent Bürgermeister von Brandis wurde, war es sein Anspruch, „so ein bisschen Schwung“ in die 10.000-Seelen-­Kommune zu bringen. Bis dahin empfand er sie eher als „Schlafstadt“ im Leipziger Dunstkreis. Der Sozialdemokrat wollte dazu Verwaltung und Bürgerschaft enger verzahnen, etwa dank Digitalisierung. 

Verlängerte Sprechzeiten

Schnell setzte er im Rathaus auch wochentägliche Sprechzeiten bis 19.30 Uhr durch. Brandis sei halt eine Pendlerstadt, da könne er „nicht von Bürgern erwarten, dass sie Urlaub nehmen, wenn sie ihren Pass verlängern wollen“, so sein Credo.

Schon ein Jahr später sorgte Jesse dann landesweit für Schlagzeilen: Als erste Kommune gewann Brandis den Wettbewerb „Innovationskommune Sachsen“. Das wurde zum Startschuss für mehrere Projekte zur Verwaltungsmodernisierung, die man mit dem Dresdener Innenministerium anschob. Hierzu zählten eine neue Bürger-App, der Anschluss als erste Kleinstadt an die Behördennummer 115 sowie mehrere für Mitarbeiter wie Bürger optimierte Verwaltungsabläufe durch konsequentes Prozessmanagement.

Die Ideen gehen nicht aus

Folglich wurde Jesse ein wichtiger Akteur und Ideengeber im sächsischen „Innovationsnetzwerk“, bei dem Projektergebnisse und Erkenntnisse seiner Neuerungen auf andere Gemeinden übertragen wurden. Und auch hierfür gab es „Gold“. 2016 belegte Brandis mit diesem Netzwerk beim eGovernment-Wettbewerb in der Kategorie „Bestes Kooperationsprojekt 2016“ den 1. Platz.

Seither zieht der Bürgermeister stets größere Kreise, um die Region innovativ zu pushen. So holte er sechs Nachbargemeinden ins Boot, um Ende 2022 gemeinsam mit deren Chefs eine interkommunale „PartheApp“ zu starten. Benannt ist sie nach einem 60-km-Fluss östlich Leipzigs, den alle tangieren. 

Die App sei eigens für die Kommunen des Parthelandes kreiert worden und bilde erstmals eine zentrale Plattform für Verwaltungsangebote sowie Dienstleistungen der ganzen Region: „Das macht sie einzigartig und zu einem coolen Tool“, freut sich Jesse.

App als Plattform für regional übergreifende Aufgaben

Kooperiert wird etwa beim Erledigen übergreifender Verwaltungsaufgaben, bei Bürgerbeteiligung, Kultur, Tourismus, Marketing und ÖPNV, beim Schaffen von Co-Working-Spaces sowie dem digitalen Verwaltungsausbau. 

Zudem gründete Brandis mit einigen Nachbarn einen gemeinsamen Standesamtsbezirk, man interagiert beim  Brandschutz und vertritt sich wechselseitig, ­etwa bei Friedensrichtern – so heißen Schiedspersonen in Sachsen.

Autor*in
Harald Lachmann

  ist diplomierter Journalist, arbeitete zunächst als Redakteur bei der Leipziger Volkszeitung, zuletzt als Ressortleiter Politik, und schreibt heute als freier Autor und Korrespondent für Tages-, Fach- sowie Wirtschaftszeitungen. Für die DEMO ist er seit 1994 tätig.
 
 

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