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Den Bibliotheksausweis verlängern – warum muss dafür erst ein Antrag gestellt werden? Es geht auch anders.
Modernisierung und Entbürokratisierung gehen Hand in Hand. Wie auch sonst sollten Kommunen die Herausforderungen des Arbeitskräftemangels und der schwindenden Akzeptanz der Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen mit Blick auf die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Hand aufnehmen.
Genau das ist ein Auftrag der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) als kommunale Denkfabrik: kommunales Management weiter zu professionalisieren und die Kommunen im Prozess der Verwaltungsmodernisierung zu unterstützen.
Dazu erarbeitet die KGSt gemeinsam mit der kommunalen Praxis Empfehlungen, Strategien, Konzepte und Lösungen. Die KGSt kooperiert mit den kommunalen Spitzenverbänden, innovativen Kommunen im benachbarten Ausland, Hochschulen und der Privatwirtschaft und arbeitet unabhängig von Staat und Parteien. Zu ihren Mitgliedern zählen Städte, Landkreise, Gemeinden aller Größenordnungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Rund 2.600 Kommunen mit mehr als 80 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern sind Mitglied.
Dimensionen der Entbürokratisierung
Entbürokratisierung hat aus Sicht der KGSt verschiedene Dimensionen. Rechtlich durch die Vereinfachung von Gesetzen. Ein Beispiel ist der Abbau von Schriftformerfordernissen. Organisatorisch durch die Optimierung von Prozessen. Bei den personellen Ressourcen führt es schon zu einer Verbesserung, wenn nicht mehr jeder Antrag geprüft werden muss, sondern eine stichprobenartige Prüfung erfolgt. Ein gutes Beispiel ist Bremen, das dies für den Standardfall der Beihilfe erfolgreich praktiziert.
Ergänzt wird die organisatorische Dimension durch die technische. Hier geht es zum Beispiel um die Automatisierung von Prozessen. Dabei spielt auch der Einsatz von KI eine wichtige Rolle. Dazu kommen noch die politische und die kulturelle Dimension. Bei der politischen Dimension geht es um den Willen, einen Wandel herbeizuführen. Dies gilt sowohl auf Bundes-, Landes- als auch auf kommunaler Ebene. Bei der kulturellen Dimension geht es um die Veränderung der Einstellung zur Bürokratie. Das erwähnte Beispiel „Beihilfe“ aus Bremen ist vorbildhaft dafür. Die Stichprobenkontrolle ist noch nicht gelebte Verwaltungspraxis und auch nicht in der DNA der meisten Verwaltungsmitarbeitenden verankert.
Jede der genannten Dimensionen kann auf unterschiedliche Weise zum Bürokratieabbau beitragen. Häufig sind Anstrengungen in mehreren Dimensionen erforderlich, um Verbesserungen zu erzielen.
Ein Beispiel, das alle Dimensionen vereint, sind proaktive Verwaltungsdienstleistungen. In diesem Zusammenhang fordert die KGSt ein Umdenken. Kommunen sollten sich vom Leitbild „Antrag als auslösendes Ereignis“ lösen und sich – wo möglich und sinnvoll – zu einer proaktiven Verwaltung entwickeln. Sie geht direkt auf die Bürgerinnen und Bürger zu. Dafür sind aus Sicht der KGSt mindestens drei Rahmenbedingungen erforderlich:
Bedingung 1: Gesetze auf den Prüfstand stellen
Die meisten Verwaltungsleistungen, welche die Kommunen im Auftrag des Bundes und der Länder erbringen, sind antragspflichtig. Dadurch kann bei vielen Leistungen ein hohes Maß an Proaktivität nicht erreicht werden. Aktuelle Gesetze sollten auf tatsächliche Antragserfordernisse überprüft werden. Bei zukünftigen Gesetzgebungsverfahren sollte neben den Digitalisierungs- und Automatisierungspotenzialen auch das Prinzip der Proaktivität berücksichtigt werden.
Bedingung 2: Moderne Register und einheitliche Authentifizierung
Die Fragestellungen rund um die Registermodernisierung sowie die bundeseinheitliche Authentifizierung von Bürgerinnen und Bürgern sollten zeitnah und mit Nachdruck angegangen und in die Fläche gebracht werden. Sie sind eine wichtige Grundlage für proaktive Services und einen effektiven Bürgerservice.
Bedingung 3: Forderung in Richtung der Kommunalverwaltungen
Proaktivität ist auch eine Frage der Einstellung. Die Prominenz des Antragserfordernisses in der aktuellen Gesetzgebung wirkt sich auch auf das Handeln und Denken in den Kommunalverwaltungen aus. Im Bereich der freiwilligen Aufgaben gibt es zahlreiche Services, die auch ohne Antrag erbracht werden könnten. Beispiele: Bibliotheksausweise verlängern, hoheitliche Dokumente ausstellen, freiwillige Zuschüsse und Sozialleistungen gewähren. Daher ist es wichtig, dass die Kommunen gerade im Bereich des eigenen Satzungsrechts proaktiv denken und – wo möglich – umsetzen. Dies gilt auch für die Gestaltung interner Dienstleistungen, zum Beispiel in den Bereichen Personal, IT, Finanzen oder Gebäudemanagement.
Die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) berät Städte, Kreise, Gemeinden und Verwaltungsorganisationen in Fragen des kommunalen Managements. Weitere Informationen: kgst.de
Dieser Text wurde zuerst in der DEMO 4/2024 veröffentlicht.
ist Vertreter des Vorstands und Programmbereichsleiter bei der „Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement“ (KGSt)