Sitacuisses, CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons
In der Stadtverwaltung in Karlsruhe arbeiten mehr als 6.000 Mitarbeitende. Im Bild das Rathaus der Stadt.
Björn Appelmann ist Spezialist für Verwaltungs- und Managemententwicklung. Solches Wissen ist gefragt. Denn wo läuft schon alles rund? Nicht benannte Fehler in Abläufen bremsen speziell große Organisationen aus. In der Außenbetrachtung wird das als Bürokratie wahrgenommen.
Der studierte Betriebspädagoge und Psychologe ist kein freier Berater, sondern leitet seit 2015 bei der Stadt Karlsruhe eine Stabsstelle, die direkt beim Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) angesiedelt ist.
„Sehr viele Zielkonflikte“
Die mit 310.000 Einwohnern drittgrößte Stadt in Baden-Württemberg leistet sich eine interne Verwaltungsentwicklung. Appelmann steht nicht allein da, sondern hat sechs weitere Mitarbeitende in seinem Team. Nicht alle sind Verwaltungsfachleute, zum Beispiel ist eine Germanistin darunter. Sie hätten gemeinsam einiges vorangetrieben, bilanziert der Stabsstellen-Leiter.
Die Ausgangslage vor zehn Jahren sei so gewesen, dass Kritik aus der Bürgerschaft, Wirtschaft und aus der Verwaltung selbst „sehr viele Zielkonflikte“ offenlegte. Abläufe seien intransparent, lauteten Vorwürfe von außen. Es komme zu Doppelarbeiten, war die interne Klage.
Mehr Kreativität statt Routinen
Appelmann ist diesen nachgegangen. Eine Erkenntnis war, dass sich klassische Hierarchien an vielen Stellen als nicht mehr funktional erwiesen hatten. Wenn Mitarbeitende in ihrer Abteilung keinen Gestaltungsraum hätten, dann erschüfen sie sich eigene Regeln im Kleinen zur Stärkung ihres Selbstwertgefühls, erklärt der Experte.
Zum Beispiel, indem sie nur ein Mal täglich Mails lesen oder nur zu bestimmten Zeiten ans Telefon gehen. „Sie schaffen sich ihre kleinen Kästchen.“ Intern nervt das, von außen wird es als bürokratisches Verhalten wahrgenommen. Bei mehr als 6.000 Mitarbeitenden in der Stadtverwaltung kann einiges an Ungereimtheiten zusammenkommen.
„IQ-Arbeitsweise“
Solches Verhalten wird nicht von Gesetzen zur Entbürokratisierung verändert. „Wir müssen die Zufriedenheit der Mitarbeitenden verbessern, indem wir Ihnen Freiraum zum echten Gestalten geben“, sagt Appelmann. Er und sein Team sind viel unterwegs. „Wir hören vor allem zu und suchen gemeinsam nach Lösungen.“
Aus den Erfahrungen wurde in Karlsruhe die „IQ-Arbeitsweise“ entwickelt. Die Abkürzung steht nicht für Intelligenzquotient, sondern für „innovativ“ und „quervernetzt“. Fach- und Hierarchie-Grenzen sollen intelligent geöffnet werden. Projekte der Stadtentwicklung werden auf diese Weise rascher umgesetzt. Das spricht sich herum: „Führungskräfte suchen deswegen gezielt nach einem Job bei der Stadt“, hört Appelmann aus der Personalabteilung.
ist freier Journalist. Er ist Mitglied im Verein Deutsches Institut für Normung und dort im Redaktionskreis für eine DIN Einfache Sprache. Webseite: leichtgesagt.eu