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Bauministerin Geywitz legt Leerstandstrategie vor

Knapp zwei Millionen Wohnungen stehen in Deutschland leer. Bauministerin Geywitz will dieses Potenzial aktivieren, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Nun hat sie dazu eine Strategie präsentiert und eine Online-Plattform freigeschaltet.

von Carl-Friedrich Höck · 21. Januar 2025
Hausfassade mit zugeklebtem Schaufenster

Leerstehendes Haus in einer Kleinstadt in Thüringen

Über den Wohnungsmangel in Großstädten wie Berlin wird viel berichtet. Doch auch Leerstand sei in Deutschland ein großes Problem, betont Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) regelmäßig. Und dieses Problem betreffe nicht nur ostdeutsche Plattenbauten, sondern auch den Norden Bayerns und andere Teile Westdeutschlands.

Geld für Instandsetzung fehlt

Nach den Zahlen des Zensus 2022 stehen in Deutschland fast zwei Millionen Wohnungen leer – davon 1,35 Millionen in Westdeutschland. Dort beträgt die Leerstandsquote etwa vier Prozent, im Osten liegt sie bei 7,6 Prozent. In manchen Gegenden ist sogar jede vierte Wohnung unbewohnt. Als Folge fehlen den Wohnungsunternehmen Einnahmen, um die Häuser in Schuss zu halten. So wird ein Teufelskreislauf in Gang gesetzt. Denn wo Gebäude verfallen, leidet die Attraktivität der Kommune zusätzlich.

Doch die Bauministerin ist überzeugt: „Demografie ist kein Schicksal“. Gegen die Abwanderung könne man etwas machen. Am Dienstag hat Geywitz in Berlin eine „Handlungsstrategie Leerstandsaktivierung“ vorgestellt. Das Papier ist kein Regierungsprogramm, sondern wurde 2022 vom „Bündnis bezahlbares Wohnen“ in Auftrag gegeben. Leerstand zu aktivieren sei eine Querschnittsaufgabe, „die Bund, Länder, Kommunen und weitere Akteure“ gleichermaßen betreffe, heißt es darin.

Strategie vorgestellt

Bundesbauministerin Klara Geywitz (l.) und Landrat Peter Berek aus dem Kreis Wunsiedel im Fichtelgebirge präsentierten die Handlungsstrategie am 21. Januar 2025 in Berlin. Dort veranstaltete das Bauministerium auch einen „Kommunaldialog” zum Thema Wohnen in ländlichen Räumen.

Ministerin Geywitz und Landrat Berek

Das bestätigte bei dem Pressetermin auch Peter Berek (CSU), Landrat im Kreis Wunsiedel. Man brauche alle politischen Ebenen, auch „die Kommunen und die Menschen vor Ort, die Bürger“. Gemeinsam müsse man das Image beackern, dabei gehe es auch um Emotionen und Gefühle. „Eine Region wird dann erfolgreich sein, wenn sie sexy ist“, erklärte der Landrat. Sein Kreis war nach 1990 vom Strukturwandel betroffen. Insbesondere der Zusammenbruch der Porzellanindustrie hat die Region schwer getroffen. Nun wird das Fichtelgebirge offensiv als „Freiraum für Macherinnen und Macher“ beworben. Mit Erfolg, wie Berek berichtete: Die Abwanderung konnte verlangsamt werden und es sind neue Arbeitsplätze entstanden.

Zur Präsentation der Leerstandsstrategie war auch Matthias Kuplich vom Verband der Wohnungsgenossenschaften Sachsen-Anhalt eingeladen. Dieser vertritt 109 Genossenschaften, mit im Median 620 Wohneinheiten und fünf bis acht Mitarbeiter*innen pro Unternehmen. „Da ist man schnell im Tagesgeschäft gefangen und hat wenig Zeit für strategisches Denken“, erklärte Kuplich. Im Verbandsgebiet stünden 143.000 Wohneinheiten leer – etwa zwei Drittel davon hätten aus Sicht der Unternehmen keine Perspektive. Viele Wohnungen würden qualitativ und quantitativ nicht mehr den Anforderungen der Menschen gerecht. „Da muss man sich ehrlich machen“, sagte Kuplich. Bei der Bauministerin klang das so: „Das Thema Rückbau wird uns nicht verlassen.“

Neue Online-Plattform

Kuplich wünschte sich mehr strategische Ansätze für die Akteure vor Ort. Diese liefert nun die neue Online-Plattform „Potenzial Leerstand“ des Bauministeriums. Klara Geywitz hat sie am Dienstagmittag freigeschaltet. Auf der Website sind unter anderem Informationen zu Fördermöglichkeiten, Instrumenten und gelungenen Praxisbeispielen zu finden.

Die Leerstands-Strategie umfasst unter anderem diese Handlungsansätze:

Bestehende Wohnungsbestände sollen saniert und aufgewertet werden. Dafür können alte und neue Förderprogramme genutzt werden.

  • Das im September 2024 gestartete Programm „Jung kauft Alt“ unterstützt Familien, die ein bestehendes Wohngebäude kaufen und energetisch ertüchtigen wollen.
  • Das „Sofortprogramm Leerstandsabbau“ unterstützt die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) dabei, die Leerstandsquote im eigenen Bestand (aktuell 13 Prozent) zu senken.
  • Die Städtebauförderung soll weitergeführt und noch stärker für die Aktivierung von Leerstand genutzt werden. Die Städtebau- und soziale Wohnraumförderung sollen gezielt kombiniert werden.
  • Das Sonderprogramm „Junges Wohnen“ des sozialen Wohnungsbaus kann ebenfalls zur Aktivierung leerstehender Gebäude eingesetzt werden.
  • Ein neues Förderprogramm „Aus alt mach zwei“ soll den Umbau von Wohngebäuden in mehrere kleinere Wohneinheiten unterstützen.
  • Der Umbau von Büros oder Gewerbeimmobilien zu Wohnungen soll erleichtert werden. Geplant ist dazu eine Förderung „Gewerbe zu Wohnraum“.

Die Leerstandsstrategie zielt außerdem darauf ab, Akteur*innen besser zu vernetzen und gute Beispiele bekannter zu machen.

  • Eine neue Förderinitiative „Reallabore zur Leerstandsaktivierung“ des Bauministeriums (BMWSB) soll ländliche Regionen mit hohen Leerstandsquoten modellhaft unterstützen – etwa beim Aufbau von Managementstrukturen.
  • Über Veranstaltungen und weitere Informationsformate will der Bund Praxiswissen in die Fläche tragen. Dazu fördert das Bundeslandwirtschaftsministerium ein neues, dreijähriges Sonderprojekt „Lebendige Orte aktiv gestalten“.
  • Es wird geprüft, ob ein „Kompetenzzentrum Smarte Städte und Regionen“ gegründet werden kann, das die Kommunen beim Aufbau digitaler Kompetenzen unterstützt. Das soll helfen, die Regionen attraktiv zu halten, die Daseinsvorsorge zu sichern und letztlich auch Leerstand zu aktivieren.

Darüber hinaus will die Bundesregierung ihre Fördermaßnahmen zur Stärkung gleichwertiger Lebensverhältnisse fortführen, wozu unter anderem Wirtschaftsförderung in strukturschwachen Regionen gehört. Neue Mobilitätsangebote sowie die Reaktivierung stillgelegter Nahverkehrsstrecken sollen gefördert und Lücken beim Glasfaserausbau geschlossen werden.

Link zur Handlungsstrategie:
bmwsb.bund.de

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Autor*in
Porträtfoto Mann mit Brille und dunkelblonden Haaren
Carl-Friedrich Höck

ist Leitender Redakteur der DEMO. Er hat „Public History” studiert.

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