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OB-Barometer: Sorgen um Finanznot und Rechtspopulismus

Die Finanznot ist laut einer aktuellen Umfrage unter Oberbürgermeister*innen (OBs) derzeit das beherrschende Thema. Aber auch der Umgang mit Rechtspopulismus und Demokratieskepsis ist eine erhebliche Herausforderung für viele Rathausspitzen. Ergebnisse des OB-Barometers 2025

 

 

von Karin Billanitsch · 15. April 2025
Baustellenschild, Euromünzen und eine symbolische Brücke

Die Bundesregierung hat ein Sondervermögen Infrastruktur im Umfang von 500 Millionen Euro beschlossen. Die Kommunen sollen einen beträchtlichen Anteil an diesen Mitteln bekommen, fordern Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu).

Es macht kaum einen Unterschied, wie groß eine Kommune ist – die Einschätzungen und Bewertungen der Rathauschefs und -chefinnen in Deutschland verdeutlichen, dass die großen Herausforderungen sich ähneln. Das diesjährige OB-Barometer des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) zeigt, dass ein Thema momentan überall das beherrschende ist: die Kommunalfinanzen. 

Mit 70 Prozent (Vorjahr 50 Prozent) der Nennungen stufen die OBs das Thema doppelt so wichtig ein wie die nachfolgenden Themen Wohnen (35 Prozent), Unterbringung und Integration Geflüchteter (35 Prozent) sowie Klimaschutz (30 Prozent). 

Dieses Kernergebnis der Umfrage hatte das Difu bereits im März vorgestellt. Nun liegt das komplette Ergebnis vor. 

Erhalt und Ausbau der Infrastruktur 

In diesen Zusammenhang passt auch, dass Fragen des Erhalts und Ausbaus der kommunalen Infrastruktur insgesamt „als so wichtig wie nie zuvor bewertet werden“, heißt es in der Umfrage. Jeweils ein Viertel der Stadtspitzen nennt demnach diese beiden Handlungsfelder als vordringlich, im Vergleich zu 14 Prozent im Vorjahr. Im Bereich Schulen gibt es beispielsweise einen Investitionsrückstand von 54,76 Milliarden Euro –  und damit einen erheblichen Handlungsdruck, folgern die Forscher. 

Bedeutsam wird dieses Thema insbesondere mit Blick auf das im März verabschiedete Sondervermögen Infrastruktur. Immerhin sind rund 40 Prozent der öffentlichen Investitionen laut Difu kommunal. „Deshalb ist es notwendig, dass Bund und Länder einen beträchtlichen Anteil der Mittel aus dem im März verabschiedeten Sondervermögen den Kommunen bereitstellen“, folgern die Wissenschaftler.

Kommunen belastet durch sinkende Steuereinnahmen und wachsende Ausgaben

Die Forscher fragten auch nach aktuellen, krisenbedingten Herausforderungen in der eigenen Stadt. Dabei ist die steigende Kluft zwischen Einnahmen und Ausgaben der Kommunen laut der Umfrage das Thema Nummer eins. „85 Prozent der befragten OBs sehen die eigene Stadt durch steigende Sozialausgaben, verbunden mit der Erwartung von rückläufigen Steuereinnahmen, erheblich herausgefordert“, heißt es in einer Pressemitteilung. 

Hinzu kämen finanzielle Herausforderungen durch Wärmewende und Klimaanpassungsmaßnahmen. 90 Prozent der OBs sehen hier eine sehr große beziehungsweise große Herausforderung für die eigene Stadt, lautet das Ergebnis. „Vor diesem Hintergrund fordern die Städte zu recht eine neue Finanzverteilung so schnell wie möglich, um ihre strukturelle Unterfinanzierung zu beenden“, so Difu-Wissenschaftlerin Dr. Beate Hollbach-Grömig.

Darüber hinaus sehen mehr als 80 Prozent das Thema „Aktivitätssteigerung der Innenstadt“ als erhebliche Herausforderung in ihrer Stadt an. Der Handlungsdruck bei der Unterbringung und Integration von Geflüchteten hat sich Vergleich zu den Vorjahren etwas abgeschwächt: Von mehr als 90 Prozent der Stadtspitzen, die hierin im Jahr 2023 eine erhebliche Herausforderung sahen, fällt die Zahl auf knapp 60 Prozent im Jahr 2025. Dies könnte damit zusammenhängen, dass die Zahl der Asylanträge im Jahr 2024 um fast ein Drittel zurückgegangen ist. 

Frage nach Demokratieskepsis und Rechtspopulismus

Zum ersten Mal wird in der diesjährigen OB-Befragung nach dem Thema „Demokratieskepsis und Rechtspopulismus“ gefragt. 36 Prozent der Stadtspitzen bewerten die Auseinandersetzung und den Umgang mit diesem Thema als „sehr große“ Herausforderung, weitere 44 Prozent als „groß“. 

„Die Sorge der kommunal Verantwortlichen ist nachvollziehbar. Kommunen sind die Keimzelle der Demokratie. Wie schnell Populismus die Demokratie unterwandern kann, zeigt der aktuelle Blick in die USA“, kommentiert Difu-Institutsleiter Prof. Dr. Carsten Kühl die Ergebnisse.

Erwartungen an die Politik

Die Umfrage spiegelt auch die Erwartungen an die neue Bundesregierung sowie an Länder und EU: 2025 ist die Finanzpolitik der Bereich, in dem die Stadtspitzen mit 81 Prozent am dringendsten Unterstützung einfordern. Wichtig bleiben auch die Wohnungspolitik, die 58 Prozent der OBs nennen, und die Flüchtlingspolitik (50 Prozent). An Bedeutung gewinnt 2025 unter anderem die Sozial-, Jugend- und Familienpolitik, die von 27 Prozent in 2024 auf 42 Prozent 2025 steigt. 

Autor*in
Karin Billanitsch

ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.

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