Wie politisch darf ein Sportverein sein?
Die Modernisierung der Gemeinnützigkeit versandete in der letzten Wahlperiode genauso wie das Demokratiefördergesetz.
IMAGO / Wolfgang Maria Weber
Demonstration gegen den Rechtsruck in München. Die CDU/CSU hat in einer kleinen Anfrage an den Bundestag Fragen nach der politischen Neutralität staatlich geförderter Organisationen gestellt.
Die CDU/CSU hat mit ihren 551 Fragen an die Bundesregierung die Frage aufgeworfen, ob staatlich geförderte Organisationen unzulässig Parteipolitik gemacht haben. Dabei ist die Ampel-Koalition in der letzten Wahlperiode schon an ihren eigenen Zielen gescheitert. Laut Koalitionsvertrag wollte sie das Gemeinnützigkeitsrecht modernisieren und Demokratieprojekte langfristig fördern.
Beides gelang nicht, weil die FDP, insbesondere Finanzminister Christian Lindner, blockierte. Sie befürchtete wohl, dass von den Reformen vor allem links-grüne Projekte profitieren.
Gemeinnützigkeit laut Abgabenordnung
Wenn eine Organisation als gemeinnützig gilt, hilft ihr dies gleich doppelt: Zum einen muss sie weniger Steuern zahlen. Vor allem aber können Bürger ihre Spenden an die Organisation steuermindernd absetzen.
Welche Zwecke gemeinnützig sind, hat der Gesetzgeber in der Abgabenordnung aufgelistet, unter anderem Kultur, Sport, Wissenschaft, Brauchtumspflege, Umweltschutz, Hilfe für Flüchtlinge.
Grundsatzurteil: Politische Kampagnen keine politische Bildung
Auch politische Bildung ist gemeinnützig. Allerdings zählen politische Kampagnen nicht zur politischen Bildung, so der Bundesfinanzhof 2019 in einem Grundsatzurteil. Die globalisierungskritische Organisation Attac hatte sich erfolglos gegen die Aberkennung ihrer Gemeinnützigkeit gewehrt.
Das Urteil führte bei engagierten zivilgesellschaftlichen Verbänden zu großer Verunsicherung, auch wenn bisher die befürchtete breite Welle von Gemeinnützigkeits-Aberkennungen ausblieb.
Reform der Abgabenordnung blieb aus
Immerhin formulierte das Finanzministerium 2022 in einem Anwendungserlass zur Abgabenordnung, es sei „nicht zu beanstanden, wenn eine steuerbegünstigte Körperschaft außerhalb ihrer Satzungszwecke vereinzelt zu tagespolitischen Themen Stellung nimmt, z. B. ein Aufruf eines Sportvereins für Klimaschutz oder gegen Rassismus.“
Eine gesetzliche Klarstellung in der Abgabenordnung kam aber nicht zustande. Darauf weist jetzt auch die CDU/CSU hin und stellt die Rechtmäßigkeit des Erlasses in Frage.
Demokratiefördergesetz versandete
Gescheitert ist die Ampel-Koalition auch mit dem sogenannten Demokratiefördergesetz. Initiativen gegen Rassismus und Extremismus sollten langfristige Förderzusagen erhalten und nicht jedes Jahr bangen müssen, ob die Förderung fortgeführt wird. Das Bundeskabinett beschloss im März 2023 zwar einen Gesetzentwurf, der aber trotz zunehmendem Antisemitismus versandete.
Die CDU/CSU postuliert, dass sich staatlich geförderte Projekte politisch neutral verhalten müssen. Das ist aber umstritten. Eigentlich gilt die vom Bundesverfassungsgericht postulierte Neutralitätspflicht nur für den Staat selbst. So darf die Bundesregierung nicht zu Anti-AfD-Demos aufrufen.
Allerdings hat der sächsische Landesrechnungshof in einem Sondergutachten Anfang 2024 die These aufgestellt, die Landesregierung dürfe ihr eigene Verpflichtung zur politischen Neutralität nicht dadurch umgehen, dass sie zivilgesellschaftliche Gruppen finanziert, die dann andere Parteien auf eine Art und Weise angreifen, die dem Ministerium verboten wäre. Ein Gegengutachten des Mainzer Rechtsprofessors Friedhelm Hufen kam dagegen zum Schluss, dass staatliche geförderte Projekte durchaus die AfD kritisieren dürfen.
peivat
ist rechtspolitischer Korrespondent für verschiedene Tageszeitungen, den vorwärts und die DEMO.